Ver.di fordert neue Konzernstrategie

HANDEL Karstadt-Verkäuferinnen streiken weiter. Unternehmenspläne sollen „überprüft“ werden

„Es herrscht große Verunsicherung unter den Mitarbeitern“

Wolfgang Thurner, Ver.di Frankfurt

BERLIN taz/dpa | Nach dem angekündigten Rücktritt von Karstadt-Vorstandschef Andrew Jennings „herrscht eine große Verunsicherung unter den Mitarbeiterinnen“, sagte Wolfgang Thurner, Gewerkschaftssekretär bei Ver.di in Frankfurt. Mit punktuellen Aktionen in einzelnen Häusern wollen die Kolleginnen dennoch weiter um die Tarifbindung kämpfen. Für den heutigen Dienstag ist unter anderem ein Streik der Verkäuferinnen bei Karstadt auf der Zeil in Frankfurt geplant.

Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen hatte den Beschäftigten eine „Tarifpause“ bis zum Jahre 2015 verordnet. Das heißt, die Verkäuferinnen partizipieren nicht mehr an Tarifsteigerungen.

Nach nur zweieinhalb Jahren hatte der von Berggruen eingesetzte Karstadt-Vorstandschef Andrew Jennings kürzlich seinen Rücktritt für Jahresende erklärt. Der Brite sollte die Warenhauskette nach der Übernahme durch Berggruen im Herbst 2010 wieder auf Vordermann bringen und hatte einen Modernisierungsplan „Karstadt 2015“ vorgelegt. Dieser sah für die Luxus-, Sport- und normalen Kaufhäuser von Karstadt unterschiedliche Entwicklungen und Zielgruppen vor.

Diese Strategie müsse „überprüft und erforderlichenfalls angepasst werden“, sagte eine Ver.di-Sprecherin am Montag in Berlin. Wer viele noch unbekannte Modemarken einführe, müsse Service und Beratung großschreiben. In den Karstadt-Kaufhäusern war der Modebereich zulasten anderer Abteilungen ausgebaut worden.

Ein Sprecher des Unternehmens dementierte einen Bericht der Bild am Sonntag, wonach es Differenzen zwischen Jennings und Berggruen gegeben habe, weil der Eigentümer die zugesagten Millionen Euro für eine Modernisierung des Kaufhauskonzerns nicht bereitgestellt hatte.

Nach einem Bericht des Blattes gehört die deutsche Warenhauskette über sechs Zwischenfirmen im Ausland einem Nicolas Berggruen Charitable Trust auf den British Virgin Islands. In diesen Trust in der Steueroase fließt nach Informationen der Zeitung auch Geld, das Berggruen Jahr für Jahr bekommt, weil er die Namensrechte an Karstadt erworben hat und vom Konzern dafür laufend Lizenzgebühren erhält. Eine Sprecherin des Eigentümers erklärte laut dem Blatt, dass Berggruen selbst vom Trust nicht profitiere, sondern das Vermögen gemeinnützigen Zwecken spenden werde.

Karstadt hatte mit 120 Waren- und Sporthäusern 2009 zusammen mit der Mutter Arcandor Insolvenz anmelden müssen. Das Verfahren wurde 2010 aufgehoben. Berggruen, milliardenschwerer Unternehmer, Erbe und Kunstmäzen, hatte den Konzern übernommen. BD