Raus aus Urusgan

AFGHANISTAN Amerikaner und Briten bleiben im Süden allein. Westerwelle: Keine Auswirkungen auf Deutschland. Taliban begrüßen niederländischen Rückzug

BERLIN taz | Für die Nato kommt die Entscheidung der Niederländer, ihre 2.000 Soldaten aus Afghanistan zurückzuziehen, zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Gerade erst hatte das Bündnis seine Mitgliedstaaten dazu angehalten, ihre Kontingente zu erhöhen.

Nach der Ankündigung von US-Präsident Barack Obama, 30.000 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan zu schicken, ist aus der größten Intervention der Nato seit ihrer Gründung ohnehin ein US-amerikanisch dominierter Einsatz geworden. Zudem sind die niederländischen Soldaten anders als die deutschen in einem heftig umkämpften Gebiet stationiert. Gemeinsam mit australischen Truppen betreiben sie einen Stützpunkt in der Provinz Urusgan und wechseln sich mit Kanadiern und Briten in der Führung des Regionalkommandos Süd ab. In dessen Bereich sind laut Nato mit 45.100 die weitaus meisten Soldaten stationiert.

Der Nato wäre an einem Verbleib der Niederländer im Süden auch deshalb gelegen gewesen, weil mit Kanada ein weiteres Nato-Land seinen Rückzug aus der Kampfzone angekündigt hat – und daran offenbar auch festhalten will. Mit den Kanadiern würde sich das Nato-Kontingent um weitere 2.830 Soldaten vermindern. Im Süden wären damit praktisch nur noch die auch außerhalb des Nato-Rahmens eng kooperierenden Briten und US-Amerikaner präsent.

Derweil dauert die größte Offensive der Nato seit Beginn des Einsatzes 2001 weiter an. Die Stadt Mardscha soll weiter umkämpft sein. Selbst nach offizieller Einschätzung der Isaf-Führung werden die Auseinandersetzungen noch mindestens 30 Tage dauern. In den acht Tagen seit Beginn der Aktion starben dabei zwölf Nato-Soldaten.

Die Reaktionen auf die niederländische Entscheidung fallen naturgemäß höchst unterschiedlich aus. „Die Menschen in Holland haben die Realität des Krieges erkannt“, wird der Taliban-Sprecher Kari Mohammed Jussuf zitiert: „Deshalb wollen sie ihre Soldaten aus Afghanistan raushaben.“

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte, es könne zwar in Afghanistan nicht so weitergehen wie bisher. „Andererseits kann man auch nicht einfach kopflos abziehen“. Auf Deutschland habe die Entscheidung der Niederlande aber keine Auswirkungen.

Bei der Abstimmung über die Ausweitung des Afghanistaneinsatzes Ende der Woche im Bundestag sollen sich die Abgeordneten der Grünen nach Auffassung ihrer Fraktionschefin Renate Künast enthalten. Es sei ihr „zu windig, wie hier einfach 850 Soldaten mehr gefordert werden“.

ERIC CHAUVISTRÉ