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: Eine Band wie ein Flugzeugabsturz

Bereits der Bandname oszilliert zwischen politischer Überfrachtung und stadionkompatiblem Spontitum: U 2, so hieß ein zu Beginn des Kalten Kriegs über der Sowjetunion abgefangene US-Aufklärungsflieger. Gleichzeitig bedeutet es natürlich schön lautmalerisch zum Mitsingen: „Auch du!“ Und heute bedeutet es natürlich nur noch, dass sich vor exakt dreißig Jahren in Dublin eine Teenagerband gegründete, nachdem „Schlagzeuger“ Larry Mullen jr. einen Zettel ans schwarze Brett seiner High School gehängt hatte, woraufhin sich sofort „Bassist“ Adam Clayton, „Gitarrist“ David Evans und „Sänger“ Paul Hewson bei ihm meldeten. Die Instrumente mussten sie erst noch lernen, aber dafür beschlossen sie sofort, die neben den Beatles und den Rolling Stones größte Band der Welt zu werden. Der Gitarrist nannte sich jedenfalls schon mal The Edge, der Sänger Bono Vox, das erste Album hieß „Boy“ (1980) und die Band: U 2.

Mittwochnacht erhielten U 2 in Los Angeles fünf neue Grammys für ihr Album „How To Dismantle an Atomic Bomb“. Der Grammy gilt als der Musik-Oscar und davon haben Bono und Co. nun zwanzig im Regal stehen. Vielleicht könnten sie ja mal einen ans schwarze Brett ihrer alten High School hängen.

Den weltweiten Durchbruch schafften sie 1987 mit dem Album „The Joshua Tree“, das sich bis heute mehr als 18 Millionen mal verkaufte. Hier perfektionierten sie ihren Stil, der vor allem aus „ehrlichen“ Vokuhila-Frisuren, Bonos pathetischem Gesang und The Edges Markenzeichen-Gitarrenriffs bestand. Mit dem im wiedervereinigten Berlin aufgenommenen „Achtung Baby“ gelang den hochkatholischen Iren dann vier Jahre später immerhin eine bemerkenswerte Wendung hin zu Ironie und elektronischer Verfremdung, gewissermaßen der Anschluss an die Popmoderne, wie sie bis heute nicht vergehen will. Ihre „Elevation“-Tour in den Jahren 2001/2002 ist in den USA die nach den Rolling Stones zweiterfolgreichste Tour aller Zeiten (Bruttoerlös: 109,7 Millionen Dollar).

Der Rest ist Bono, das Ego eines Mannes, der bereits als Teenager ein arroganter Poser gewesen sein soll, wie eainem die Freundin einer Freundin versichert, die mit ihm damals immer auf den Schulbus warten musste (und wie man ja heute jeden Superpromi über zwei Ecken aus dem Effeff kennt). Und der aber später weniger durch Exzesse und Skandale auffiel, sondern durch seinen Entschluss, beim Barte seines Namens ein Guter zu werden. Seither wird er mit Auszeichnungen und Anfeindungen für sein karitatives Engagement überhäuft, das sich erfolgreich vor allem der Aids-Bekämpfung und dem Schuldenerlass für Afrika widmet.

ANDREAS MERKEL