Eliteförderung – Alibi für dürftige Lehre?

Was hat der gemeine Student davon, wenn Bremen Spitzenuni wird? Wissenschaftler über Exzellenz und Sparzwang

Bremen taz ■ „Wer von Elite redet, gehört bestimmt nicht dazu“, unkt der emeritierte Bremer Pädagogik-Professor Johannes Beck mit Karl Kraus. Beck mag in den Jubel um die Auszeichnung der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern für die Bremer Forscher nicht einstimmen, solange die Lehre auf der Strecke bleibt. Die Eliteförderung ist für ihn nur ein Alibi für ansonsten mangelhafte Betreuung der Studierenden. Auf einer vom Nordwestradio im Delmenhorster Hanse-Wissenschaftskolleg veranstalteten Podiumsdiskussion räumte Uni-Rektor Wilfried Müller Handlungsbedarf ein. Steigen die Studierendenzahlen, dann stehe eine „Bildungskatastrophe“ bevor. Da die Lehre allein Ländersache sei, könne ein gemeinsames Programm von Bund und Ländern nur der Forschung unter die Arme greifen. „Doch das nächste große Programm muss der Lehre gelten.“

Immerhin: Der durchschnittliche Student profitiere ja von der Reputation der Uni bei Bewerbungen, nicht zuletzt, wenn er sich anderswo als wissenschaftlicher Mitarbeiter bewerbe. Soviel zum Thema Elite. Und es soll ja etwas für den Nachwuchs getan werden, und zwar für die Besten der Besten. Mit dem Norddeutschen Exzellenz Netzwerk (NEN) werde eine „elitäre Zusatzausbildung“ für Doktoranden der Graduiertenschulen geschaffen. Doch bei der Förderung von Studienbeginn an hapere es, beobachtet Hausherr Gerhard Roth, Präsident der Studienstiftung des deutschen Volkes. „In Freiburg, einer Uni von fast gleicher Größe, haben wir zehn Mal so viele Stipendiaten wie in Bremen“, berichtet er. Süddeutsche Professoren schlagen öfter Studierende vor, außerdem wanderten die Nord-Stipendiaten auf der Suche nach besserer Betreuung nach Süden ab.

Bremens Aussichten auf das Etikett „Spitzenuni“ schätzt Wilfried Müller als „Außenseiterchance“ ein. „Wir sind die ressourcenschwächste der zehn Kandidatinnen“, findet er. Möglich, dass die aktuellen Sparauflagen die Aufnahme in den Forschungsolymp verhindern könnten. Doch nicht alles findet er an ihnen verkehrt: Schließlich könne man mehr wissenschaftliche Mitarbeiter einstellen, wenn man bei den Professuren spare.

Annedore Beelte