HEIKE HAARHOFF ÜBER DIE PFLEGEREFORM
: Beschämung Demenzkranker

Eines muss man den Liberalen lassen: Niemand hat das eigene Nichtstun und die sensationelle Gleichgültigkeit gegenüber dringend nötigen Pflegereformen zugunsten Demenzkranker perfekter inszeniert und zelebriert als die beiden Gesundheitsminister, die die FDP in dieser Legislatur aufbot.

Lösungsansätze für eine der größten gesellschaftspolitischen und demografischen Herausforderungen sollten Philipp Rösler und Daniel Bahr finden, es ging um nichts Geringeres als die Fragen: Welchen Umgang wollen wir mit den Schwächsten pflegen, wie definieren wir Altern in Würde und was ist uns all das wert?

Doch statt für einen neuen Gesellschaftsvertrag zu mobilisieren, anstatt Pflegepolitik endlich als Ressourcenthema zu begreifen, fiel den FDP-Politikern ein: 2011 das „Jahr der Pflege“ zu taufen – und verstreichen zu lassen. Pflegedialoge für viel Geld zu veranstalten – und verpuffen zu lassen. Einen Expertenbeirat, der schon 2009 eine perfekte Umsetzungsstrategie für den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff geliefert hatte, erneut 15 Monate lang mit haarspalterischen Fragestellungen zu beschäftigen. Fragestellungen, die nur zu beantworten gewesen wären, wenn die Politik sich denn erbarmt hätte, eine konkrete Summe zur Besserstellung der Demenzkranken zu benennen.

So aber blieb dem Pflegebeirat kaum etwas anderes übrig, als sich öffentlich selbst zu zerfleischen und am Ende einen Reformbericht vorzulegen, der tatsächlich keiner ist, weil er inhaltlich noch hinter seinem Vorläufer aus dem Jahr 2009 zurückbleibt.

Es ist Daniel Bahr gleichwohl zuzutrauen, dass er die Schuld am Scheitern auch diesmal auf andere, konkret: auf den von ihm beauftragten Expertenbeirat abzuwälzen versuchen wird. Man sollte ihm dabei nicht helfen.

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