Femen-Frauen auf Bewährung entlassen

TUNESIEN Die drei Europäerinnen, die mit nackter Brust in Tunis protestierten, kehren nach Hause zurück

MADRID taz | Die drei Femen-Aktivistinnen, die seit dem 29. Mai in Tunesien im Gefängnis sassen, sind frei. Ein Berufungsgericht in Tunis setzte die viermonatige Freiheitsstrafe gegen die zwei Französinnen und eine Deutsche am Mittwochabend auf Bewährung aus. Zuvor hatten sich die jungen Frauen für ihre Aktion am 29. Mai entschuldigt. Damals hatten die drei mit entblößtem Oberkörper in Solidarität mit der inhaftierten tunesischen Kollegin Amina Sboui vor dem Justizgebäude in der Hauptstadt des nordafrikanischen Landes demonstriert. Das Gericht, das die Frauen am 12. Juni zu vier Monaten und einem Tag Haft verurteilt hatte, wertete die Aktion als „unsittliches Verhalten“.

„Ich bedauere die Tat“, erklärte die Deutsche Josephine W. vor dem Berufungsrichter. Die Französin Pauline H. fügte hinzu: „Wir wollten die Tunesier nicht schocken und wir werden es bestimmt nicht wieder tun.“ Die drei wurden in der Nacht zu Donnerstag aus der Haft entlassen und nach Europa abgeschoben.

„Hurra, wir haben gesiegt! […] Unser Druck hat die Islamisten bezwungen“, feierte die ukrainische Zentrale von Femen den Richterspruch auf ihrer Homepage. Die Aktion der drei Aktivistinnen im Geburtsland des Arabischen Frühlings war der erste Auftritt von Femen in der muslimischen Welt. Es geht den „Sextremistinnen“, wie sie sich nennen, um den Kampf gegen die religiös-politische Ideologie der in Tunesien regierenden islamistischen Ennahda. In den letzten Wochen hatte die Frauenorganisation in vielen Städten Proteste vor tunesischen Botschaften sowie bei Auftritten von Politikern wie Bundeskanzlerin Merkel oder US-Präsident Obama organisiert. Am Tag vor dem Berufungsverfahren hatten belgische Femen den tunesischen Ministerpräsidenten Ali Larayedh vor dem Gebäude der EU-Kommission in Brüssel abgepasst. „Stoppt die Repression“, riefen sie.

„Es ist zu früh, sich auszuruhen“, heißt es in der Erklärung von Femen. Denn noch sei die tunesische Aktivistin Amina Sboui in Haft. Die Frau, die mit einem Foto von sich reden machte, das sie mit nackter Brust und den Parolen „Mein Körper gehört mir, er ist niemandes Ehre“ und „Fuck your morals“ zeigte, wurde Mitte Mai verhaftet, als sie „Femen“ auf eine Friedhofsmauer schrieb. Ihr drohen wegen Besitzes von Tränengas und „Verletzung eines heiligen Ortes“ bis zu zwei Jahre Haft. REINER WANDLER