Wenig Ostseeschutz

MEERE Anrainer setzen versprochene Maßnahmen kaum um. Deutschland schneidet relativ gut ab

STOCKHOLM taz | Bis 2021 solle die Ostsee „das sauberste und sicherste Meer Europas“ werden. Das versprachen die Umweltminister der neun Ostseeanrainerstaaten im November 2007 bei der Verabschiedung eines Ostseeaktionsplans im polnischen Krakau. Bald ist die halbe Zeit bis dahin verstrichen, doch aus den großen Versprechungen ist wenig geworden.

„Alle Länder liegen weit hinter ihren Zielen zurück“, konstatiert der World Wide Fund for Nature (WWF) in einer jetzt veröffentlichten Bilanz. Für Håkan Wirtén, den Generalsekretär des WWF Schweden, ist der Grund klar: „Der politische Wille fehlt.“

Die Umweltstiftung hat an jedes Land Punkte verteilt, ausgehend davon, wie weit sie aus einem Maßnahmenkatalog aus vier Umweltsektoren – Überdüngung, Umweltgifte, biologische Vielfalt und Schifffahrt – ihre Versprechungen eingehalten haben. Russland, Litauen und Polen schneiden dabei am schlechtesten ab. Obwohl insgesamt auch als ungenügend bewertet, liegt Deutschland nach Finnland auf dem zweiten Platz. Hauptgrund dafür ist die erfolgreiche Begrenzung der Einleitung von Nährstoffen, speziell Phosphaten und Stickstoff, aus landwirtschaftlichen Quellen und Kläranlagen. Hierbei haben beide Staaten ihre Etappenziele erreicht.

Dagegen liegt Deutschland laut WWF beispielsweise auf dem Gebiet des Schutzes der biologischen Vielfalt weit hinter den selbst gesetzten Zielen zurück, vor allem was Maßnahmen zum Schutz maritimer Reservate oder Beschränkungen des Fischfangs bedrohter Arten angehe. Zudem bekommt Deutschland bei Umweltgiften Minuspunkte wegen mangelnder Restriktionen bei der Freisetzung von Quecksilber in die Umwelt.

Die Ostsee ist ein besonders empfindliches Meer, betont der WWF. Fast vollständig von Land eingeschlossen, sei der Wasseraustausch gering. Was einmal in der Ostsee lande, bleibe dort im Zweifel für viele Jahrzehnte. Fast 100 Millionen Menschen wohnen im Ostsee-Einzugsbereich, und diese hätten auf die spezielle Empfindlichkeit des Meeres allzu lange keine Rücksicht genommen, sondern es als Müllkippe missbraucht.

Am 3. Oktober treffen sich die Umweltminister der Ostseeanrainerstaaten in Kopenhagen, um ihrerseits Zwischenbilanz zu ziehen. REINHARD WOLFF