Und raus bist du

Fristlose Kündigung: Arbeitgeber brauchen gute Gründe, um einen Arbeitnehmer vor die Tür zu setzen. Mitunter grenzt Fehlverhalten aber auch an pure Dummheit, wie einige Urteile zeigen

VON ANDREAS LOHSE

Die gesetzlichen Fristen für die Kündigung eines Arbeitnehmers berechnen sich in der Regel in Monaten und nach Dauer der Betriebszugehörigkeit (sofern im Arbeits- oder Tarifvertrag nichts anderes vermerkt ist). In jedem Fall sind aber nicht nur Fristen zu beachten. Vielmehr müssen wichtige Gründe vorliegen: zum Beispiel betriebsbedingte (etwa Rückgang der Aufträge), personenbezogene (etwa dauerhafter Führerscheinentzug bei einem Kraftfahrer) oder verhaltensbezogene (etwa ständige Unpünktlichkeit oder das Trinken von Alkohol während der Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber dies zuvor moniert und den Arbeitnehmer abgemahnt hat, sein Verhalten zu ändern). Ob solche Kündigungen dann Bestand haben, entscheiden meist die Arbeitsgerichte.

Mitunter greifen Arbeitgeber indes auch zu dem drastischen Mittel der fristlosen Kündigung. So hat beispielsweise das Bundesarbeitsgericht im vergangenen Jahr festgestellt, dass die intensive private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit grundsätzlich einen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen kann. In diesem Fall hatte der Arbeitgeber, eine Chemiefabrik, im Jahr 2002 den Zugang zum Internet für den Betrieb freigeschaltet. Danach stellte der Betriebsleiter einen erheblichen Anstieg der Internetkosten fest. Die internen Ermittlungen ergaben als Ursache, dass vom Zimmer des Schichtführers aus unter anderem auf Internetseiten mit pornografischem Inhalt zugegriffen wurde. Der Schichtführer erhielt daraufhin die außerordentliche Kündigung. Der räumte zwar eine Nutzung des Internets – auch während der Arbeitszeit – ein, aber nicht in dem ihm vorgeworfenen großen zeitlichen Umfang, und zog gegen die Kündigung vor Gericht. Davon, dass es im Betrieb verboten gewesen sei, auf Pornoseiten zuzugreifen, habe er zudem keine Kenntnis gehabt. Während die Vorinstanzen dem Kläger beistanden, hob letztlich das Bundesarbeitsgericht die Entscheidung auf und wies den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurück. Nach Ansicht der Richter verletzte der Arbeitnehmer durch die intensive private Nutzung des Internets während der Arbeitszeit seine arbeitsvertraglichen Pflichten selbst dann, wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung nicht ausdrücklich verboten hatte. Das rechtfertige die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Das Landesarbeitsgericht hat nun zu gewichten, inwiefern hier im Einzelfall die Kündigung wirksam ist, welche Kosten dem Betrieb entstanden und ob der Arbeitnehmer seine Aufsichtspflicht verletzt hat. Ferner sei zu prüfen, ob es einer Abmahnung bedurft hätte und eine Kündigung aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit womöglich unverhältnismäßig war (BAG, Urteil vom 7. Juli 2005, Az. 2 AZR 582/04).

Auch Geheimnisverrat kann ein Kündigungsgrund sein. So hatte ein Arbeitnehmer vorsätzlich Geschäftsgeheimnisse weitergetragen. Dies erschüttere nicht nur das innerbetriebliche Vertrauen, sondern sei eine Missachtung der Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber, der ein Arbeitnehmer unterliegt. Das rechtfertige eine fristlose Kündigung sogar ohne vorherige Abmahnung (Landesarbeitsgericht Berlin, Az. 16 Sa 545/03).

In Köln dagegen führte ein vom Arbeitgeber nicht genehmigter „Nebenjob“ zum Rausschmiss: Dort hatte ein Angestellter während seiner regulären Arbeitszeit auf eigene Rechnung und Kasse über einen längeren Zeitraum offenbar Besseres zu tun, als seinen Arbeitsvertrag zu erfüllen. Ein Detektiv ermittelte dieses berufliche Fehlverhalten – und die Kosten dafür musste der Geschasste ebenfalls noch tragen (Landesarbeitsgericht Köln, Az. 6 (3) Sa 194/03).

Allerdings kann eine fristlose Kündigung auch unwirksam sein. So hatte eine Arbeitnehmerin aus der Betriebskasse rund 250 Euro „geliehen“, um damit die Urlaubsreise ihrer Tochter zu finanzieren. Tags darauf wollte sie dann das Geld wieder zurücklegen – aber zu spät: Die Sache flog auf, der Chef zeigte kein Erbarmen und setzte die Mitarbeiterin mit sofortiger Wirkung auf die Straße. Das Gericht aber billigte dieses Vorgehen nicht: Die Frau habe schließlich nicht mit krimineller Energie gehandelt, sondern lediglich aus Gedankenlosigkeit (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Az. 2 Sa 341/01).