Ahmadinedschad lässt sich in Kabul von Karsai empfangen

AFGHANISTANKRIEG In gewohnt lauten Tönen antwortet Irans Präsident auf Vorwürfe des Pentagon-Chefs

Der Besuch betont das Dilemma der USA

VON SASCHA ZASTIRAL

Es war vermutlich die ungewöhnlichste Ablösung zweier internationaler Besucher, die man sich vorstellen kann: Kurz bevor US-Verteidigungsminister Robert Gates gestern Afghanistan verlassen hat, ist Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad zu einem Besuch in Kabul eingetroffen. Und er hielt eine gewohnt laute und provokative Rede gegen die USA.

Die USA sollten Afghanistan verlassen, nur dann könne das Land Frieden finden, sagte Ahmadinedschad nach einem Treffen mit Afghanistans Präsident Hamid Karsai auf einer gemeinsamen Pressekonferenz. Denn Washington spiele in Afghanistan ein „doppeltes Spiel“. „Sie selbst haben Terroristen geschaffen und jetzt sagen sie, dass sie Terroristen bekämpfen.“ Die USA versuchten, „mit Gewehren und Bomben die Zivilisation nach Afghanistan zu tragen“.

Ahmadinedschad antwortete damit auf Vorwürfe, die Pentagon-Chef Gates vor wenigen Tagen geäußert hatte: Iran lasse den Taliban „einige Unterstützung“ zukommen. Diese Aussage sei Teil einer „groß angelegten antiiranischen Kampagne“, entgegnete Ahmadinedschad darauf. Teheran helfe Afghanistan durch Wiederaufbauprojekte und den Ausbau des Bildungswesens und assistiere beim Ausbau des Stromnetzes.

Sein Amtskollege Hamid Karsai stand während der Pressekonferenz überwiegend schweigend neben Ahmadinedschad, der die meiste Zeit für seine Erklärungen beanspruchte. Nach dessen Äußerungen gegen den Hauptunterstützer seiner Regierung fügte Karsai lediglich hinzu, er wünsche sich, dass die „Brudernation“ Iran dazu beitrage, „Frieden und Sicherheit“ nach Afghanistan zu bringen. In keinem Fall werde es Kabul dulden, dass Afghanistans Staatsgebiet für Aktivitäten gegen Iran genutzt werde.

Der gewohnt streitlustig inszenierte Auftritt Ahmadinedschads verdeutlicht ein Dilemma, das den Vereinigten Staaten und Großbritannien in naher Zukunft Probleme bereiten könnte. Denn Washington und London zielen in Afghanistan auf ein Friedensabkommen mit moderaten Taliban ab. Großbritanniens Außenminister David Miliband erklärte gestern, die Afghanen sollten „tatkräftig“ auf ein solches Abkommen drängen. Afghanistans Nachbarn müssten so ein Abkommen unterstützen – und dazu gehört eben auch Iran.