Vergängliche Coolness

ARBEITSBEDINGUNGEN Einst versuchte sich die Modemarke Abercrombie & Fitch als coole Edelmarke zu positionieren. Jetzt liegt ihre Ware im Supermarkt und ihr Image am Boden

Die kurz darauf veröffentlichten Geschäftszahlen des ersten Quartals waren mau

VON MARIE KAMPRATH

BERLIN taz | „Grenzen wir aus? Absolut.“ Mike Jeffries, Geschäftsführer der amerikanischen Kleiderkette Abercrombie & Fitch, setzte lange auf ein im wahrsten Sinne exklusives Image. Sieben Jahre später scheint er das nicht mehr so eng zu sehen, die Kleidung der Kette landet auf dem Wühltisch der Supermarktkette „real“.

Wie jede Modemarke, die etwas auf sich hält, verkauft Abercrombie & Fitch nicht nur Kleidung, sondern auch ein Lebensgefühl. Ewige Coolness gibt es in mittlerweile 1.400 Geschäftsstellen, darunter 18 in Deutschland, zu denen auch die Tochtermarke Hollister zählt. Das Lebensgefühl, das dort vermittelt wird, beruht auf Schönheit, Fitness, Jugend. Hani Khan entspricht dem nicht. Sie trägt ein Kopftuch: während des Bewerbungsgespräches und vier Monate danach als Angestellte in dem Hollister-Laden eines kalifornischen Einkaufszentrums, bis der Bezirksleiter die Filiale besucht. Khan verstoße mit ihrer Kopfbedeckung gegen die sogenannte „Look Policy“; ihr Erscheinungsbild habe einen negativen Einfluss auf den Geschäftsumsatz. Mithilfe der US-Bundesbehörde für Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt (EEOC) geht die ehemalige Mitarbeiterin gerichtlich gegen ihre Entlassung vor. Mark Knueve, Abercrombies Anwalt in diesem Verfahren, kann Mitte Juni dieses Jahres dem kalifornischen Bundesgericht keinen Geschäftsbericht vorlegen, der den Kündigungsgrund rechtfertigt. Unternehmenssprecher Mackenzie Bruce behauptet gegenüber der Huffington Post, A&F diskriminiere nicht aufgrund von Religion und lasse deren Ausdruck – auch in Form von Kopftüchern – zu. Solange dieser in einem vernünftigen Rahmen stattfinde.

In der Verlegenheit, sich der Öffentlichkeit zu erklären, ist Jeffries öfter mal. Zuletzt reagierte der CEO auf die wieder ausgegrabenen Aussagen des Salon-Interviews vor sieben Jahren mit einer halbherzigen Entschuldigung. Doch das zog nicht, plötzlich befand er sich inmitten einer Empörungswelle. Ein 18-Jähriger initiierte eine Onlinepetition, mit der Aufforderung, A&F-Kleidung auch in Übergrößen zu verkaufen. Filmemacher Greg Karber inspirierte der Aufschrei zu einer Anti-Marketing-Kampagne. In einem YouTube-Clip ruft er dazu auf, Kleidung der Marke an Hilfebedürftige zu vergeben. Karber bekam über sieben Millionen Klicks, Jeffries das Hashtag #FitchTheHomeless.

Nach vier Tagen folgt der Facebook-Post des Geschäftsführers. Abercrombie & Fitch richte zwar seine Marketingstrategie auf ein gewisses Kundensegment aus, engagiere sich jedoch auch für Vielfalt und Integration. „Wir stellen Leute ein, die diese Werte teilen. Wir sind komplett gegen Diskriminierung, Mobbing, abfällige Charakterisierungen oder anderes antisoziales Verhalten auf Grund von Herkunft, Geschlecht, Körpertyp oder anderen individuellen Merkmalen.“

Die kurz darauf veröffentlichten Geschäftszahlen des ersten Quartals waren eher mau. Der Umsatz in seit mindestens einem Jahr bestehenden Filialen sowie über Onlineverkäufe ging um 15 Prozent zurück. Insgesamt verbucht Abercrombie ein Minus von 9 Prozent auf 838,8 Millionen Dollar. Dabei wirken sich die aktuellen Kontroversen erst auf die Zahlen im nächsten Quartal aus.