Virus für die Katz

von T. AHMIA, H. GERSMANN
und U. HERRMANN

Das Vogelgrippe-Virus H5N1 ist erstmals in Europa auf ein Säugetier übergesprungen – eine Katze auf Rügen ist daran verendet. Dies teilte gestern der Krisenstab des Landes Mecklenburg-Vorpommern mit. Der Katzenkadaver wurde am Wochenende nahe der Wittower Fähre gefunden, wo auch die ersten toten Schwäne entdeckt wurden. Möglicherweise hatte die Katze Aas gefressen. Zudem wurde gestern bekannt, dass das Vogelgrippevirus Bayern erreicht hat: Dort wurde es bei einem Höckerschwan und einer wilden Stockente nachgewiesen. Damit sind nun fünf Bundesländer betroffen. In Schweden wurden ebenfalls zwei tote Wildvögel gefunden, die sich mit der Vogelgrippe infiziert hatten.

Experten sind nicht erstaunt, dass nun auch eine Katze an der Vogelgrippe verendet ist. „In Nordthailand sind rund 60 Tiger gestorben, nachdem sie mit toten Hühnern gefüttert wurden“, sagte Thomas Löscher, der die Abteilung für Infektions- und Tropenmedizin an der Universität München leitet, der taz. Für die Menschen sei aber keine Gefahr zu befürchten: „Vom Katzenstreicheln bekommt man keine Vogelgrippe.“ Auch mit einer „Katzenepidemie“, bei der das Virus von Tier zu Tier springt, sei nicht zu rechnen. „Allerdings sollten die Halter dafür sorgen, dass ihre Hauskatzen die Vögel lieber in Ruhe lassen.“ Das Bundesinstitut für Tiergesundheit riet Katzenbesitzern, ihre Tiere in Vogelgrippe-Gegenden nicht mehr frei herumlaufen zu lassen.

„Keine Panik“, mahnte auch Lutz Gürtler, der die Abteilung medizinische Mikrobiologie an der Universität Greifswald leitet. „Es ist weiter nur eine Tierkrankheit“, sagte Gürtler der taz. Er ist ebenfalls nicht überrascht, dass es nun eine Katze erwischt hat: „Sie reagieren besonders empfindlich auf das Grippevirus.“ Allerdings könnten sich auch andere Säugetiere anstecken – wie Schweine, Robben, Wale, Pferde. „Aber sie sind medizinisch behandelbar.“ Zudem erkranken sie nur, wenn sie sehr großen Virusmengen ausgesetzt sind.

An der eigentlichen Gefahr hat sich somit nichts geändert: Es muss verhindert werden, dass die Vogelgrippe die Geflügelställe erreicht. „Dann steigt auch die Gefahr für den Menschen“, warnt Löscher. „In infizierten Ställen ist die Viruskonzentration in der Luft so hoch, dass sich auch die Bauern anstecken können“ (siehe auch Text unten). An den bisherigen Schutzmaßnahmen haben die Experten nichts zu kritisieren: „Sie sind ausreichend“, sagt Gürtler. „Für Reiseverbote oder Mundschutz besteht kein Anlass.“

Die Tierseuche wird über viele Jahre ein Problem bleiben. Emil Reisinger, Rostocker Spezialist für Tropenmedizin und Infektionskrankheiten, sagt: „Wir rechnen damit, dass das Virus H5N1 eine Laufzeit von 150 Jahren hat.“ Auch Löscher prognostiziert, dass sich die Vogelgrippe „in den nächsten Jahren in der Natur halten wird“. Besonders empfindliche Vögel wie die Schwäne könnten sich stark dezimieren – „bis sich wieder ein natürliches Gleichgewicht eingestellt hat“.

Bleibt die Hoffnung auf besseres Wetter. Die Kältewelle macht die Vogelgrippe derzeit besonders gefährlich. Wie Tierärztin Anita Idel erklärt, überlebt das Virus im Warmen nicht so lange wie im Kalten. Das zeigten Beobachtungen aus Afrika: „Auf den Rastplätzen der Zugvögel wären sonst viel mehr Tiere gestorben.“ Bei Temperaturen unter vier Grad fühlt sich H5N1 wohler.