Amnesty – für die Menschenrechte

Post für die Verantwortlichen der Menschenrechtsverletzungen – Briefe schreiben, das zeigt Wirkung!

Im Jahre 1961 hatte der Brite Peter Benenson in der Zeitung gelesen, dass in Portugal zwei Studenten zu sieben Jahren Haft verurteilt wurden, weil sie auf die Freiheit angestoßen hatten. Daraufhin veröffentlichte er einen Artikel im Observer mit dem Titel „Die vergessenen Gefangenen“. Er rief dazu auf, sich mit Briefen an die jeweiligen Regierungen für die Freilassung von politischen Gefangenen einzusetzen.

Benensons Artikel wurde von weiteren europäischen Zeitungen abgedruckt. Diese Aktion, die „Appeal for amnesty“ genannt wird, gilt als die Geburtsstunde von Amnesty International.

„Das war die richtige Idee zur richtigen Zeit“, erzählt Jörg Beige. Der 43-Jährige ist einer der vielen Ehrenamtlichen von Amnesty International und Referent im Bezirksteam Berlin-Brandenburg. Wie eine Lawine seien als Antwort auf den Artikel von Benenson überall Amnesty-Gruppen entstanden, so auch in Berlin.

Inzwischen gibt es 27 Amnesty-Gruppen in Berlin und 4 in Brandenburg. Einige kümmern sich besonders um eine bestimmte Thematik, wie zum Beispiel die Todesstrafe, das Asylrecht oder Menschenrechtsverletzungen an Frauen. Andere Gruppen betreuen intensiv ein bestimmtes Land. Ein traditioneller Schwerpunkt der Berliner und Brandenburger liegt auf Osteuropa und den ehemaligen Staaten der Sowjetunion. Es gibt aber auch viele lokale Gruppen, die sich nicht spezialisiert haben und zu den verschiedenen Kampagnen von Amnesty aktiv sind.

Amnesty International Deutschland arbeitet grundsätzlich zu Menschenrechtsverletzungen in anderen Ländern. Das liegt daran, dass in vielen Ländern, gerade in Diktaturen, die Arbeit zum eigenen Land zu gefährlich wäre. Dieses Prinzip gilt auch für Deutschland. Eine Ausnahme wird vereinzelt bei Themen gemacht, die direkt auf die Menschenrechtssituation im Ausland wirken, wie etwa bei der Asylpolitik und Rüstungsexporten.

Jörg selbst ist in einer Gruppe, die sich um Russland kümmert, etwa um den politischen Gefangenen Igor Sutjagin. Der russische Wissenschaftler ist seit elf Jahren im Gefängnis. Der Vorwurf lautet Hochverrat. Die Gruppe setzt sich dafür ein, dass Igor Sutjagin einen neuen, fairen Prozess bekommt. „Wir kennen zwar nicht jedes Detail seines Falls, aber dass Igor Sutjagin keinen fairen Prozess hatte, das steht fest“, erklärt Jörg.

Ein typisches Vorgehen. Bei ihren Forderungen beruft sich Amnesty oft auf die allgemeine Erklärung der Menschenrechte oder auf davon abgeleitete internationale Abkommen. „Im Falle Sutjagins liegt unserer Meinung ein Verstoß gegen die Regeln der Europäischen Menschenrechtskonvention vor, die auch Russland ratifiziert hat“, so erklärt Jörg. Und so untersucht Jörgs Gruppe die juristischen Abläufe in Russland und schreibt Briefe an den dort zuständigen Generalstaatsanwalt.

Amnesty Berlin-Brandenburg hat rund 2.500 Mitglieder, 700 von ihnen arbeiten aktiv mit. Briefe schreiben ist nach wie vor die wichtigste Aufgabe, um sich für die Menschenrechte einzusetzen. Onlinekampagnen mit E-Mail-Versand gebe es zwar auch, aber mal eben auf den Knopf zu drücken, das habe nicht so viel Gewicht. „Einen eigenen, selbst formulierten Brief schreiben, dass hat deutlich mehr Power“, findet Jörg. Die angeschriebenen staatlichen Behörden und ihre Vertreter, sprich die Verantwortlichen, sollen deutlich zu spüren bekommen, wie ihre Taten in der Weltöffentlichkeit aufgenommen werden. Und das hilft oft. Bei 30 Prozent der Fälle, in denen Amnesty aktiv wird, verbessern sich die Bedingungen für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen, so die hausinterne Statistik. Dass sich der Einsatz in jedem Fall lohnt, zeigen direkte Rückmeldungen von Opfern. „Viele Gefangene melden sich bei uns und betonen, wie sehr ihnen die Unterstützung geholfen hat, dass da draußen Menschen sind, die sich um sie kümmern“, weiß Jörg aus eigener Erfahrung zu berichten.

Neben dem Briefeschreiben gibt es noch viele andere Aufgaben. Infostände und Veranstaltungen wollen organisiert und betreut sein, und auch inhaltlich gibt es viel zu lernen. Wer zum Spezialisten für ein Land oder ein Thema wird, kann in einer Koordinierungsgruppe mitarbeiten oder als Referent Pressearbeit machen und Politiker lobbyieren. Für MenschenrechtsaktivistInnen gibt es leider nach wie vor immer noch viel zu viel zu tun. JAL

■ 17. 3. Informationsabend über die Arbeit von Amnesty International, 19.30 Uhr, in der Heilig-Kreuz-Kirche, Zossener Str. 65.

■ 25. 3. Straßentheater zum Thema Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Belarus, 16 Uhr Potsdamer Platz

■ Weitere Informationen unter www.amnesty-bb.de