KOMMENTAR VON ULRIKE FOKKEN ÜBER FRAUENFUSSBALL UND SEINE MEDIALE BEHANDLUNG
: Alles, was guten Fußball ausmacht

Jede Abschätzung drückt lediglich die Sehgewohnheiten des Betrachters aus

Die Deutschen stehen im Endspiel der Fußballeuropameisterschaft. Und das mit jedem Recht. Die Frauen im Team von Bundestrainerin Silvia Neid haben am Mittwochabend gegen Schweden so gespielt, wie moderner Fußball sein soll: schnell, kämpferisch, auf taktisch und technisch höchstem Niveau und mit hohem Unterhaltungsfaktor. Das Einzige, was fehlte, waren die testosterongesteuerten Aggressionen.

Und damit hören die Vergleiche zwischen Frauenfußball und Männerfußball auch schon wieder auf. Frauenfußball ist eine eigene Sportart. Frauen spielen anders; jeder Vergleich, jede Abschätzung drückt lediglich die Sehgewohnheiten des Betrachters aus. Jahrzehntelang wurden Mädchen gescholten und belächelt, wenn sie Fußball spielen wollten – wenn sie es denn durften. Vor einer Generation konnten Mädchen nicht Fußball spielen, da der örtliche Sportverein oft keine Mädchenfußballgruppe hatte. Und bei den Jungs konnten sie nur in ganz jungen Jahren mitspielen. Dann stießen sie an die gläserne Decke. Die Spielerinnen im Nationalteam zeigen deutlich, was der bewusste Umgang mit gesellschaftlichen Diskriminierungen und Denkverboten erreichen kann: nämlich überragende Leistungen von Menschen, die bislang ausgeschlossen waren. Wer Frauen fördert, braucht keine Quote.

Die Frauen der Nationalmannschaft haben sich das Recht erspielt, dieselbe Aufmerksamkeit und sportliche Förderung zu bekommen wie die anderen Teams im DFB. Ihnen stehen dieselben Trainingsstützpunkte zu, auf denen der DFB den bislang männlichen dominierten Fußball gefördert hat. Und die ZuschauerInnen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens haben ein Recht darauf, dass SpitzenmoderatorInnen die Spiele kommentieren. Das ZDF hatte am Mittwoch ihre C-Klasse ans Mikro gelassen. Der Moderator kommentierte onkelhaft die Pässe und Spielzüge und erdreistete sich nach dem Sieg von einer totalen Überraschung zu schwafeln. Eine Überraschung, dass die fünffache Europameisterin im Finale der EM steht? Anstatt mit Trainerin Neid das Spiel zu analysieren, fragten die ZDF-Reporter nach „ihren Gefühlen“. Ebenso bei Torschützin Dzsenifer Marozsan und Kapitänin Nadine Angerer.

Aber Frauen fühlen keinen Fußball, sie spielen ihn. Und die deutschen Frauen tun das so gut, dass es am Sonntag wieder zum Titel reichen könnte.