Letzter Ausweg Selbsthilfe

EIS II Wer in der Sommerhitze auf dem Lande nach einem anständigen Eis schmachtet, dem bleibt nur der Weg zum nächsten Tankstellen-Shop und das Werk der eigenen Hände

Der wahre Nährwert dieses Produkts liegt in seinem emotionalen Mehrwert

VON E.F. KAEDING

Es gibt viele Gründe zur Tüte zu greifen. Ausspannen mit Familie oder Freunden, Liebeskummer, oder schlichte Abkühlung im Angesicht steigender Sommertemperaturen. – Ein Eis, am Stiel, in der Waffeltüte oder im Becher, ist immer eine gute Wahl. Ganz gleich, ob die vielen Kalorien sich kontraproduktiv zur Bade-Figur festsetzen. „Der wahre Nährwert“ dieses Produkts, das wusste schon ein Kollege des Hamburger Abendblatts, liegt „in seinem emotionalen Mehrwert“.

Als Konsument hat man die Qual der Wahl. Lang vorbei sind die Zeiten, in denen gierige Augen lediglich zwischen Schokolade, Vanille und Erdbeer-Eis auswählen mussten, oder man sich einfach von allem eine Kugel gab. Zu den Gelato-Grundsorten aus Wasser, Milch, Sahne, manchmal auch Eigelb, verrührt mit Zucker und den geschmacksgebenden Komponenten Erdbeer-Fruchtmus, Vanille und Schokolade, ist über die Jahrzehnte eine ganze Batterie wilder Mischungen dazugestoßen.

Die Kreativität der Konditoren scheint im gleichen Ausmaße gewachsen zu sein, wie der Fortschritt bei der Produktion von Lebensmittelzusatzstoffen. Für einen Eindruck genügt ein Blick in die Kühltruhe des Supermarktes. Als Prototyp einer befremdenden Geschmacks-Entwicklung steht dabei ganz oben das legendäre knallrote Bum Bum-Eis mit blauem Kaugummistil. Der Autor isst es selbst gerne.

Wer jedoch kein Eis aus der Massenproduktion schmecken will, sondern die handgemachte Variante, der findet zuweilen lokale Läden wie „Eisliebe“. Das kleine Geschäft im Stadtteil Ottensen, das mit dem sympathischen Understatement einer simplen „Eis“- Flagge auf sich aufmerksam macht, stellt jeden Tag frisch bis zu zwölf verschiedene Sorten her. „Einige der leckersten Eissorten, die du jemals probieren wirst“, schwärmt der unabhängige Reiseführer Lonely Planet. Der ungebremste Zuspruch schlägt sich jedes Jahr aufs Neue vor dem Geschäft in meterlangen Menschenschlangen nieder.

Aber was tun, wer sich nicht 20 Minuten hinter Gleichgesinnten Eis-Connaisseuren einparken will? Oder was, wenn man weit weg der Großstadt lebt, in der nordfriesischen Provinz hinter einem Deich und es ist Sonntag. Vor einem kilometerweit Wasser, hinter einem die strukturelle Einöde. Will man in einem solchen Moment, gepackt von brennender Nostalgie, seinen Löffel in einen 500-Milliliter-Topf „Cookie Dough“ von Ben & Jerry’s rammen, heißt es rein ins Auto, Grund-Zutaten bei der Tankstelle kaufen, in die Hände spucken, Eis selber anrühren.

Anleitungen für das Eis der zwei Hippies Ben Cohen und Jerry Greenfield aus dem US-Staat Vermont sind im Internet schnell gefunden. Beim Vanille-Eis entschied sich der Autor für ein Rezept aus dem Buch „Perfect Scoop“ (Ten Speed Press, 2007) von David Lebovitz (Rezept und Erfahrungsbericht siehe Seite 50). Lebovitz war einmal Konditor des berühmten Restaurants „Chez Panisse“ in Kalifornien, das vor einigen Jahren zum besten Restaurant der USA gekrönt wurde.

Bei der Zubereitung von „Cookie Dough“ oder Keksteich half wikihow.com weiter. Eine angebrochene Tafel Bitter-Schokolade vom Discounter bietet ausreichend Brocken für die notwendigen Schokostücke im Eis.