„Fragen Sie mich in 1.000 Jahren noch mal“

Wenn es um die Erde geht, braucht man einen langen Atem. Derzeit tagen 400 Geowissenschaftler in Bremen

Bremen taz ■ „In ihren Händen liegt die Zukunft“ wäre wohl etwas dick aufgetragen, um die Jahrestagung der Deutschen Geophysikalischen Gesellschaft zu beschreiben. Zu pathetisch angesichts der Kekskrümel und Kaffeebecher, die den Weg durch die Tagungsflure der Uni weisen.

Und doch informieren sich die rund 400 Teilnehmer bis morgen über Themen, die die Zukunft prägen werden: über Tsunamis zum Beispiel und über das Frühwarnsystem, das deutsche Forscher derzeit entwickeln. „Wir müssen in der Lage sein, innerhalb von zehn Minuten eine Warnung auszusprechen, um überhaupt noch eine Chance zu haben“, sagt Geophysiker Alexander Rudloff über das Zusammenspiel zwischen Sensoren am Meeresboden, Bojen, Satelliten und dem Warnzentrum auf Sumatra, der Region, die den Epizentren gefürchteter Seebeben am nächsten liegt. Denn nur 20 Minuten liegen zwischen dem Impuls, den der Sensor am 5.000 Meter tiefen Meeresgrund bekommt, und der Riesenwelle, die alles mit sich reißt. 2008 soll das Warnsystem stehen.

Weiteres Zukunftsthema, das die Ausrichter der Tagung, die Geowissenschaftler der Uni Bremen, unter den rund 200 Kurzvorträgen für öffentlichkeitstauglich halten, um es auf ihrer gestrigen Pressekonferenz zu präsentieren, ist die Geothermie, die Gewinnung von Energie aus Erdwärme. Dafür muss drei bis vier Kilometer in die Erde gebohrt werden, heißes Wasser von dort unten treibt oben Turbinen an oder wird zum Heizen genutzt und dann wieder ins Erdinnere „verpresst“. Wirtschaftlich sei das noch lange nicht, betont Hans-Joachim Kümpel vom Institut für Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben in Hannover – erst in fünf bis zwanzig Jahren werde man wissen, wann es soweit sei. Das Teuerste an der Geothermie ist das Bohren der tiefen Löcher – hierfür könnten prima nicht mehr gebrauchte Erdgas-Bohrlöcher geeignet sein.

Schließlich das Erd-Magnetfeld – es schützt vor den gefährlichen Sonnenwinden und wird derzeit schwächer. Grund zur Sorge? Nein, sagt Johannes Wicht vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung, der mögliche Entwicklungen des Magnetfelds am Computer simuliert. Das Magnetfeld werde nie ganz aufhören zu existieren, alles, was uns in Tausenden Jahren drohen könnte, sind „mehr Nordlichter, mehr Mutationen und der Rat, von Flugreisen abzusehen“. Noch was? Wicht: „Fragen Sie mich in 1.000 Jahren noch mal.“ sgi

Heute Abend, 20 Uhr, öffentlicher Festvortrag in der Kunsthalle: „Tsunamis – warum eine Gefahr zur Katastrophe wird“ von Jochen Zschau vom GeoForschungsZentrum Potsdam.