Lebenslänglich plus 154 Jahre

USA Staatsanwalt plädiert auf harte Strafe für den Whistleblower Bradley Manning. Der Exsoldat, der geheime Dokumente an Wikileaks gegeben haben soll, sei ein Verräter, der nur an Ruhm interessiert sei

„Er hatte das Wissen und den Willen, den USA zu schaden“

STAATSANWALT FEIN ÜBER MANNING

WASHINGTON taz | Im Schlussplädoyer gegen den Whistleblower Bradley Manning fährt die Anklage schwere Geschütze auf: Der 25-jährige Exsoldat sei ein „Verräter“ und Mann mit „bösen Absichten“, erklärte Staatsanwalt Ashden Fein am Donnerstag vor dem Militärgericht in Fort Meade. Das Plädoyer ist auch als Signal an weitere Maulwürfe zu verstehen.

Manning war 2010 verhaftet worden. Er soll 700.000 Geheimdokumente über US-Einsätze im Irak und in Afghanistan an die Enthüllungsplattform Wikileaks gegeben haben.

„Er war kein Humanist, er war ein Hacker“, sagte Staatsanwalt Fein in seinem fünfstündigen Plädoyer. „Er war keine bedrängte Seele. Er war kein Whistleblower. Er war ein Verräter.“ Manning sei klar gewesen, wie wertvoll die Dokumente für den Feind gewesen seien. „Er war ein entschlossener Soldat mit dem Wissen, der Fähigkeit und dem Willen, den USA und deren Kriegsanstrengungen zu schaden.“ Der Exsoldat habe das getan, um sich wichtig zu machen. Insbesondere habe er um die Gunst von Wikileaks-Gründer Julian Assange gebuhlt. „Er suchte nach so vielen Informationen wie möglich, um seinen Ruhm zu garantieren, Informationen, von denen er wusste, dass Wikileaks sie veröffentlichen würde“, so Fein. Dahinter habe nicht die Absicht gestanden, die Öffentlichkeit über Kriegsgräuel zu informieren.

Um zu belegen, wie stolz Manning auf seine Tat gewesen sei, ließ Fein ein Selbstporträt des Angeklagten an die Wand des Gerichtssaals beamen. Es zeigt den Obergefreiten im Irak lächelnd vor einem Spiegel. Manning hatte die Aufnahme kurz vor der Versendung der Dokumente an Wikileaks gemacht. Für die Anklage ein klares Indiz dafür, dass es ihm lediglich um sich selbst gegangen sei. Zudem habe Manning im Januar 2010 eine E-Mail an Wikileaks mit einem beschwingten „Schönen Tag noch“ unterschrieben.

Fein widersprach dem Argument der Verteidigung, wonach Wikileaks eine journalistische Organisation sei. Manning sei während seiner Ausbildung ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Plattform ihre Informationen ungefiltert der ganzen Welt und damit auch al-Qaida zugänglich mache.

Die Anklage hatte im Prozess unter anderem den Vorwurf der „Unterstützung des Feindes“ (aiding the enemy) erhoben, auf den die Todesstrafe steht. Die Staatsanwaltschaft hatte aber bereits vor Prozessbeginn signalisiert, dass sie darauf verzichte. Sie fordert nun insgesamt „lebenslang“ plus 154 Jahre Haft.

Am Freitag (nach Redaktionsschluss) sollte die Verteidigung ihr Schlussplädoyer halten. Bereits an diesem Wochenende könnte Richterin Denise Lind das Urteil fällen. ANTJE PASSENHEIM