Drohung mit der Pleite

Mit drastischen Methoden versucht der Hartz-gebeutelte Bildungsträger IB im Wettbewerb zu bestehen

„Ein skandalöser Erpressungsversuch“: Uwe Meyerbringh, Verhandlungsführer beim Verdi-Landesbezirk in Düsseldorf, und Heiner Frey, Betriebsratsvorsitzender des Internationalen Bundes NRW (IB) mit Sitz in Köln, sind sich in diesem Fall einig. Vor einer Woche hatte die IB-Geschäftsführung die Mitarbeiter aufgefordert, auf 30 Prozent ihres Gehalts zu verzichten. Wenn dem bis zum heutigen Tag nicht 90 Prozent der Belegschaft zustimmen, so die Drohung, wird der Laden Ende des Jahres dicht gemacht. Die Antwort der Belegschaft: Warnstreik heute Vormittag vor der Kölner Arbeitsagentur. Denn auch deren Vergabepolitik wird kritisiert.

Seit den Hartz-Gesetzen drosseln die Arbeitsämter ihre Ausgaben für Fort- und Weiterbildung – was dem IB, einer der größten freien Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit in Deutschland, „dramatische Umsatzeinbrüche“ einbrachte, wie die Geschäftsführung konstatierte. Vor allem Qualifizierungsmaßnahmen für schulferne Jugendliche sind davon betroffen, klagt Frey. Geschäftsführer Thomas Wolff ergänzt: „Die Maßnahmen müssen seit Hartz ausgeschrieben werden. Dabei achtet die Arbeitsagentur allein auf den Preis, nicht auf vorhandene Infrastruktur oder die langjährige Erfahrung unserer Mitarbeiter.“

Erste Konsequenz: Der Bereich berufliche Bildung wurde, um den IB nicht zu gefährden, vor einem Jahr in eine selbstständige gemeinnützige GmbH mit heute rund 500 Mitarbeitern ausgegliedert. In NRW wurde damit nachvollzogen, was in Ostdeutschland schon lange der Fall war. Für die alten Mitarbeiter galt ein einjähriger Bestandsschutz. Der lief am 1. Februar aus, die Mitarbeiter erhielten das „individuelle Angebot“, ihre Gehälter um 30 Prozent zu kürzen. Nur so könne sich der IB mit „wettbewerbsfähigen Preisen“ auf dem Markt behaupten.

Mit dieser einseitigen Verlagerung des Unternehmerrisikos auf die Beschäftigten könne man natürlich nicht einverstanden sein, sagt Gewerkschafter Meyerbringh. Zwar sei man zu Lohnkürzungen bereit, aber nur bei Gegenleistungen. Etwa einer Jobgarantie oder der Einrichtung eines Wirtschaftsausschusses nach dem Betriebsverfassungsgesetz. „Im Oktober hatten wir Verhandlungen über einen Haustarifvertrag begonnen“, so Meyerbringh. „Aber die IB-Geschäftsführung hat sie abgebrochen.“ Stattdessen kamen die „Droh“-Briefe.JÜRGEN SCHÖN