„Etwas zum Aufschlagen“

DISKUSSION Die Harburger Lokalzeitung ist am Ende. Wie geht es weiter mit dem Stadtteil-Journalismus?

■ 53, ist freier Journalist in Harburg und arbeitete von 1992 bis 2010 bei den Harburger Anzeigen und Nachrichten.

taz: Herr Noßek, die Harburger Anzeigen und Nachrichten sind pleite. Sie haben dort gearbeitet. Wie erklären Sie sich das?

Peter Noßek: Wenn eine Lokalzeitung erklären will, wie ein Wasserstoffatom funktioniert, ist da so einiges schiefgelaufen.

Wie meinen Sie das?

Wenn ich einen ansässigen Harburger frage: Kennst du den Chefredakteur der HAN? Dann kommt da nichts. Das darf nicht sein. Ein Chefredakteur muss eine lokale Größe sein, wissen worüber geklatscht und getratscht wird – wissen, was die Leute bewegt.

Wann haben Sie gekündigt?

Als vor drei Jahren der Chef wechselte und das Konzept geändert wurde, ging ich. Ich wollte mir von dieser Person mit diesem Konzept nicht vorschreiben lassen, was ich zu tun oder zu lassen habe.

Wie sah das Konzept dann aus?

Von heute auf morgen verzichtete man zum Beispiel auf Nachberichterstattungen. Aber was ist eine Zeitung ohne das? Nichts! Ich lese eine Zeitung doch, um zu wissen, was links und rechts neben mir passiert. Zu wissen, was die Welt im Innersten zusammenhält, das können andere besser erklären.

Was haben die HAN versäumt?

Eine Lokalzeitung lebt vom kleinen Mann. Sie ist dafür zuständig, in ihrer Region ein Gemeinschaftsgefühl zu produzieren. Sie muss klare Positionen beziehen, was sie zum Beispiel im Fall des Streits um den Beachclub nicht getan hat. Das Thema ist den Harburgern wichtig.

Sieht es mit den Printmedien nicht allgemein schlecht aus?

Das ist falsch. Wenn das WLAN meines Smartphones abstürzt, hab’ ich ein Problem. Die Generation 40+ will etwas zum Aufschlagen. Und das wird bestimmt noch 40 Jahre so weitergehen.

Was ist ihr Ziel bei der Diskussion?

Es muss darum gehen, darüber aufzuklären, was passiert, wenn das Leben der Harburger unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor sich geht. Außerdem werden wir Unterschriften sammeln, um zu zeigen, dass die HAN den Bürgern wichtig ist.

Ab dem 30. September wohl eher „war“. Gibt es eine Perspektive für lokale Medien in Harburg?

Ja, aber ohne die HAN.

INTERVIEW: CARSTEN BISPING

Diskussion: Harburger Medienlandschaft nach dem Aus der HAN, unter anderen mit Isabella David (Blog Hamburg Mittendrin) und Lars Haider (Hamburger Abendblatt), 19 Uhr, Tutech Innovation GmbH, Saal Hertz, Harburger Schloßstr. 6-12