Viel Trubel um eine Pflanze

Am kommenden Samstag jährt sich die Hanfparade zum 17. Mal. Dieses Jahr treffend zur bevorstehenden Bundestagswahl unter dem Motto „Meine Wahl – Hanf legal!“

Die Demonstration für die Legalisierung von Cannabis wird von gut 20 Paradewagen mit Livemusik und politischen Reden begleitet.

■ Wann? Samstag, 10. August

■ Verlauf: Beginn 13 Uhr vor dem Bahnhof Zoo beim Hardenbergplatz, Zwischenkundgebung 14.45 Uhr vor der CDU-Bundeszentrale und 15.45 Uhr vor dem Bundesrat, Abschlusskundgebung 17–22 Uhr auf der Straße des 17. Juni

■ Im Netz: www.hanfparade.de

Seien wir ehrlich: Wer denkt bei Cannabis nicht sofort ans Kiffen? Seit vielen Jahrzehnten wurde der Öffentlichkeit das Bild der Kifferpflanze eingeprägt. Dabei ist Cannabis viel mehr als eine Droge. Bis zum 20. Jahrhundert zählte sie weltweit zu den wichtigsten Nutzpflanzen, aus der neben Medizin auch Papier und Baustoffe gewonnen wurden. Vorurteile abzubauen und über die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten der Pflanze aufzuklären, darum geht es im Hanfmuseum in Berlin-Mitte. Das Museum ist etwas Besonderes. Nur vier seiner Art gibt es in ganz Europa. Geboten werden neben Hanfziegeln und einem Hanffeld Informationen rund um die Pflanze. Und natürlich wird auch das gesetzliche Verbot des privaten Gebrauchs von Cannabis thematisiert. „Das Hanfverbot ist ein falsches Verbot“, sagt Steffen Geyer von H.A.N.F. e. V., der das Museum betreibt.

Für die Legalisierung von Cannabis geht es am 10. August wieder auf die Straße. Dann zieht zum 17. Mal die Hanfparade durch Berlin. Das Motto in diesem Jahr: „Meine Wahl – Hanf legal!“. Damit stellen die OrganisatorInnen auf das altbekannte Credo ab, dass Demokratie mehr ist, als alle vier Jahre bei der Bundestagswahl seine Stimme abzugeben. Auf die Hanf-Legalisierungs-Bewegung in Deutschland gemünzt bedeutet es, dass jeder Tag genutzt werden kann, sich gegen das Verbot von Hanf in Deutschland starkzumachen.

Seit 1997 gibt es die Hanfparade nun schon. Wie das Hanfmuseum ist sie Kind der deutschen Hanfbewegung der 1990er Jahre. Ihren Anstoß fand die Bewegung, als die europäische Kommission 1989 verordnete, dass der Anbau von Hanfsorten mit einem THC-Gehalt von unter 0,3 Prozent als Faserhanf zu legalisieren sei. Es gründeten sich Initiativen wie H.A.N.F. e. V., die sich unter anderem dafür einsetzten, dass Nutzhanf auch in Deutschland wieder eingeführt wird. Auch durch ihren Nachdruck dürfen LandwirtInnen hierzulande seit 1996 ihre Felder wieder mit der Pflanze bestellen. Allerdings ist der Anbau nach wie vor genehmigungspflichtig und wird in der Regel nur unter strengen Auflagen gewährt. Damit soll vermieden werden, dass THC-reicher Hanf kultiviert wird. Denn nach wie vor gilt, dass Besitz, Anbau, Handel und Erwerb verboten sind.

Die Probleme, die sich durch die Kriminalisierung ergeben, liegen für HanfaktivistInnen auf der Hand. Wie Geyer sagt, würde die Umwelt durch den geheimen Wildanbau von Cannabis zu Schaden kommen. So sei es zum Beispiel in Kalifornien vorgekommen, dass die Pflanze in Naturschutzgebieten angebaut wurde. Des Weiteren koste die Durchsetzung des Verbots die deutschen SteuerzahlerInnen viel Geld. 38 Cent würde jeder täglich für den Apparat aus Polizei und Justiz bezahlen, rechnet Geyer anhand von Zahlen des Deutschen Hanfverbands vor. Schwerer wiegt aber die Gefährdung von KonsumentInnen: 2008 ist auf dem Leipziger Schwarzmarkt beispielsweise Cannabis im Umlauf gewesen, das mit Blei gestreckt wurde. Die Folge waren eine Vielzahl von Bleivergiftungen. Auch berichtet Geyer, dass KonsumentInnen in Fällen von Abhängigkeit Beratungsangebote aus Angst vor Bestrafung oder Stigmatisierung nur selten wahrnehmen würden. „Am Ende leiden alle unter dem Verbot“, resümiert Geyer.

Um Hanf auch in Deutschland zu legalisieren, setzen die AktivistInnen auf einen gemeinsamen Vorstoß in der EU-Drogenpolitik. Schließlich haben andere EU-Mitgliedstaaten wie die Niederlande einen liberaleren Umgang mit Cannabis. In Ländern wie Spanien, Dänemark und Österreich ist der Besitz von kleinen Mengen Cannabis inzwischen entkriminalisiert worden. Entsprechend hofft man hierzulande, dass sich dieser Trend in einer gemeinsamen Politik niederschlagen wird. Um dies durchzusetzen, drängen die AktivistInnen zur Lobbyarbeit nach Straßburg und Brüssel. Einen gemeinsamen Dachverband gibt es schon lange, die Europäische Koalition für eine gerechte und effektive Drogenpolitik, kurz ENCOD. So stehen die HanfaktivistInnen staatenübergreifend in engem Austausch.

Aber auch auf lokaler Ebene können sich Fans der Pflanze weiterhin für die Legalisierung starkmachen. Wer sich dauerhaft engagieren möchte, kann zu den offenen Treffen der Hanfparade kommen, die jeden Dienstag ab 19 Uhr im Hanfmuseum stattfinden. „Wenn wir den Arsch nicht hochbekommen, wird sich nie was ändern“, sagt Geyer.

LUKAS DUBRO