Tchibo entschädigt seine Billigarbeiter

Der Kaffeekonzern veranlasst eine Zulieferfirma in Bangladesch, entlassene Beschäftigte wieder einzustellen. Diesen hatte man gekündigt, weil sie der Gewerkschaft beigetreten waren. Andere Missstände bestehen weiter: elf Euro Lohn pro Monat

„Tchibo macht seine Gewinne auf dem Rücken der Arbeiterinnen“

VON BERNHARD ROHKEMPER

Bürgerrechtsorganisationen haben einen Erfolg gegen den Kaffeekonzern Tchibo erzielt. In diesen Tagen sollen TextilarbeiterInnen in Bangladesch wieder eingestellt werden, die eine Zulieferfirma von Tchibo im Jahr 2004 entlassen hatte.

Grund für die Kündigungen waren gewerkschaftliche Betätigungen. Beim Textilhersteller Basic Apparels in Bangladesch waren 230 ArbeiterInnen einer Gewerkschaft beigetreten. In der Textilfabrik A-One gründeten 219 NäherInnen ein so genanntes Worker Representation and Welfare Committee (WRWC).

„Für Basic Apparels gibt es eine verbindliche Einigung“, bestätigt nun Dr. Gisela Burckhardt von der Frauenrechtsorganisation Terre des femmes. Zehn entlassene Beschäftigte kehren an ihre Arbeitsplätze zurück, die anderen haben in der Zwischenzeit neue Jobs gefunden. Trotzdem zahlte ihnen der Tchibo-Zulieferer Entschädigungen – je nach Position zwischen 67 und 152 Euro. Für die Firma Basic Apparels belaufen sich die Gesamtkosten auf bis zu 33.500 Euro. Sollte auch für die zweite Fabrik eine Einigung gefunden werden, wäre eine der wichtigsten Forderungen erfüllt, die die „Kampagne für saubere Kleidung“ (CCC) immer wieder an den Konzern gestellt hat.

Jahrelang hatte sich Deutschlands achtgrößter Textilhändler nur dafür interessiert, dass die Kleidung in Ländern wie Bangladesch möglichst billig hergestellt wurde – um sie dann in einer der 1.000 deutschen Filialen, 40.000 Verkaufsstellen sowie im Internet unter dem Label TCM zu verkaufen. Erst massive Kritik von verschiedenen Nichtregierungsorganisationen hat dies geändert. „Die Achillesferse der Firmen ist ihr Image“, sagt Dietrich Weinbrenner, der für die CCC arbeitet.

Die CCC hat immer wieder darauf hingewiesen, dass „besonders in der Bekleidungsindustrie größtenteils katastrophale Arbeitsbedingungen herrschen“. Aus einer Studie der Organisation geht hervor, dass die Löhne in Zulieferbetrieben von Tchibo bei 930 Taka (rund elf Euro) pro Monat beginnen. Damit lasse sich die Existenz der Arbeiter nicht sichern. Die deutsche Firma setze sich dadurch dem Vorwurf aus, die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu verletzen. Dort ist verbindlich festgelegt, dass alle Unternehmen ihren Beschäftigten Löhne zahlen müssen, die die Grundbedürfnisse decken. Zudem würden die Tchibo-Zulieferer bis zu 100 Arbeitsstunden pro Woche verlangen, erklärt die CCC. Nach ILO-Standard darf die maximale Wochenarbeitszeit jedoch nur 48 Stunden plus zwölf mögliche Überstunden betragen. Da es in der Regel keine schriftlichen Arbeitsverträge gibt, können die ArbeiterInnen jederzeit entlassen werden, wenn sie sich gegen die Zustände wehren.

Laut Terre des femmes verschärft der von Tchibo auf die Lieferanten ausgeübte Preisdruck die Situation zusätzlich. Dieser werde an die NäherInnen – die meisten sind Frauen und Mädchen – weitergegeben: „Tchibo macht seine Gewinne auf dem Rücken der Arbeiterinnen.“ Das Unternehmen verdiente 2004 mit einer breiten Produktpalette von Bohnenkaffee über Jogginganzüge bis zu Wasserkochern 197 Millionen Euro – immerhin zehn Millionen Euro mehr als im Jahr 2003.

Dass sich nun etwas bewegt, sieht Gisela Burckhardt von Terre des femmes als eindeutigen Beweis dafür, dass der Verbraucher große Macht besitzt, etwa durch Postkartenkampagnen. Tatsächlich haben mittlerweile die meisten Konzerne, die Kleidung in Billiglohnländern fertigen lassen, Verhaltensregeln und Mindeststandards für die Arbeitsbedingungen festgelegt. „Auch Tchibo hat schon vor Jahren eine Firma mit der Kontrolle der Produktionsstätten beauftragt“, so Pressesprecher Joachim Klähn. Weil die aber vom Kaffeeröster bezahlt wird, bezweifelt CCC, dass eine unabhängige Kontrolle stattfindet. Tchibo will nachbessern: „Wir überprüfen den Verhaltenskodex ständig und nehmen Änderungen vor.“