Nur der Mut fehlt

PREMIERE II Eintracht Braunschweig fremdelt mächtig in Liga eins und gewährt schwachen Bremer Gästen einen Auswärtssieg

BRAUNSCHWEIG taz | Irgendwie war sie sinnbildlich, die Choreografie der Eintracht-Fans für das erste Bundesliga-Spiel nach 28 Jahren unter der Abendsonne Braunschweigs: gute Ansätze erkennbar, die Ausführung etwas holprig. In der Ersten Liga weht doch einfach ein anderer Wind. Lange, gelbe Stoffbahnen lagen, statt wie geplant vom Stadiondach herabzuhängen, noch Minuten nach dem Anpfiff über den Köpfen in der Südkurve.

Allerdings verpassten die Zuschauer in der ersten Hälfte ohnehin nicht viel. „Aus dem hohen Anteil an Ballbesitz ist es uns nicht gelungen, den Übergang zu Torchancen zu finden.“ So hat Bremens neuer Coach Robin Dutt das beschrieben. Trotz reiferer Spielanlage und der zum Teil höheren individuellen Klasse agierten die Werderaner wenig inspiriert und in der Vorwärtsbewegung harmlos. Auch weil der taktisch gut organisierte Defensivverbund der Eintracht tief stand und wenig zuließ. „Wir haben viele Zweikämpfe gewonnen und viele Bälle erobert“, sagte Braunschweigs Kevin Kratz. Doch vor allem offensiv schien der Respekt vor der neuen Situation ihm und seinen Nebenmännern wie Bleikugeln an den Beinen zu hängen.

Erst nachdem Petersen zweimal gefährlich vor dem nicht ganz sicheren Löwen-Keeper Petkovic auftauchte, sorgte Linksverteidiger Ken Reichel in der 65. Minute mit einem Lattenkracher aus gut 40 Metern für einen Weckruf. Mit ansehnlichen Kombinationen erspielten und vergaben die Hausherren zahlreiche gute Torchancen. Und so war es nach dem eher zufällig entstandenen Tor durch Zlatko Junuzovic (82.) am Ende die Kaltschnäuzigkeit, die den Unterschied machte. Die Bremer-Elf muss sich, taktisch sowie personell umformiert, in den kommenden Wochen erst noch finden. Dabei helfen könnte John Arne Riise, langjähriger Linksverteidiger vom FC Liverpool, aktuell beim FC Fulham und bei Werder als Neuzugang im Gespräch.

Auch die Braunschweiger stehen mit Lars Christopher Vilsvik unmittelbar vor der Verpflichtung eines Norwegers. Zur Leistung des Teams – noch ohne den 24-Jährigen – meinte Dennis Kruppke, Kapitän der Eintracht: „Alle sehen uns als Abstiegskandidat Nummer eins, doch wir haben heute unter Beweis gestellt, dass wir Qualität haben.“ Die unglückliche Auftaktniederlage ist dabei weniger Stimmungsdämpfer als Auftakt zu einem Lernprozess. Mit etwas mehr Mut, etwas weniger Respekt und einem genesen Domi Kumbela könnte bald schon mehr zu sehen sein als nur gute Ansätze. „Man kann sich auf die Eintracht freuen“, resümiert auch Trainer Torsten Lieberknecht, „und das hoffentlich nicht nur, weil man hier Punkte holen kann, sondern auch, weil wir ein guter Verein sind.“ ARNE SCHRADER