Luftschlösser bauen

Im groß angelegten Hamburger Windprojekt gestalten KünstlerInnen zusammen mit Kindernund Jugendlichen bis zum September Installationen, Objekte und andere Luftgespinste

von Katrin Jäger

Für Verónica Aguilera Carrasco „waren die Wolken schon immer mysteriös“. Die Künstlerin aus dem hessischen Steinbach will deshalb mit Kindern und Jugendlichen zusammen aus Wasser und Hitze eine Wolke herstellen, „die sich über den Himmel Hamburgs erstreckt“. Mit diesem Vorhaben hat sich Aguilera Carrasco für das Hamburger Windprojekt beworben. Außer ihr haben das noch 37 weitere luftbegeisterte Kunstschaffende aus dem gesamten Bundesgebiet getan. Die Konzepte reichen von Flattergestalten und Windorgelbau über Windbeutelmode und die Erfindung von Windworten bis hin zum Lachyoga Workshop.

Von April bis September soll in Hamburg die Luft geknetet und gestaltet werden. „Wir wollen Kinder und Jugendliche zu eigenem bildnerischen Schaffen anregen und ihren Formfindungen öffentlich Raum und Aufmerksamkeit geben“, sagt Ute Necker. Die Kommunikationsdesignerin aus Hamburg hatte zusammen mit ihrer Schwester Katja Necker, Architektin in Braunschweig, die Idee zu dem Projekt. „Wir möchten Raum schaffen für Experiment und Spiel, Begegnungen initiieren zwischen KünstlerInnen, Kindern und Jugendlichen.“

Diesen Raum sollen Hamburger Einrichtungen stellen, die mit Kindern arbeiten: Schulen, Kindertagesstätten, Jugend- und Stadtteilzentren. Viele haben sich dafür beworben, unter ihnen das Stadtteilzentrum „Motte“ in Hamburg-Ottensen. „So große Initiativen, wo die Kinder sich einbringen können, finde ich spannend“, lobt Motte-Mitarbeiterin Sigrun Schindler. Auch der Kinderladen in St. Georg zeigt Interesse. „Eine Kollegin möchte mit ihrer Mädchengruppe teilnehmen“, sagt Kai Fieguth von der Geschäftsleitung.

Ein Gremium wählt am kommenden Montag 20 Einrichtungen und 20 KünstlerInnen mit ihren Ideen aus. Die treffen dann bei der Auftaktveranstaltung „Ideenforum Wind“ Anfang April zum ersten Mal aufeinander. „Ziel ist es, beidseitig produktive Projektpartnerschaften, also Wind-Ehen, zu vermitteln“, erklärt Ute Necker: „Dann kann die Verwirklichung der Windideen starten.“

Obwohl die Kulturbehörde – Schirmherrin ist Kultursenatorin Karin von Welck – einen Teil der Finanzierung übernommen hat, ist die Initiative in großem Maße auf das Geld von Sponsoren angewiesen. Die MitarbeiterInnen rund um die Necker-Schwestern und die KünstlerInnen zeichnen sich vor allem durch eine gute Portion Idealismus aus. Einen Großteil ihrer Arbeit verrichten sie ehrenamtlich.

Doch dieses Engagement zahlt sich aus, findet Thomas Stordel, der mit einem Luftschloss am Projekt teilnehmen will. Der bildende Künstler betreibt selbst eine Malschule für Kinder in Hamburg. Künstlerisches Arbeiten gehört für ihn zum Alltag. „Ich nehme die Ideen der Kinder ernst“, sagt er. „Die kreativsten Sachen entstehen, wenn man Kinder nur lässt.“ Umso mehr bedauert er, „dass ausgerechnet im Fach Kunst in den Schulen meist als erstes das Geld gestrichen wird, weil es angeblich nicht so wichtig ist. Das stimmt nicht.“ Für die Entwicklung aller Sinne sei der Umgang mit Farben und den Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde wichtig. Deshalb findet Stordel das Windprojekt spannend.

Dessen Organisatorin Ute Necker hat vor zwei Jahren ihre Atelierwerkstatt für Kinder und Jugendliche in Hamburg gegründet. „Da wurde mir sehr deutlich, dass es hier für Kunst und Kinder kaum eine Lobby gibt“, sagt sie. Mit ihrer Initiative will sie diesbezüglich für frischen Wind sorgen. „Wir möchten dazu beitragen, künstlerische Sicht- und Arbeitsweisen auch für die kommenden Generationen zu einer der vielen Möglichkeiten ihres Lebens werden zu lassen.“

Mitte September präsentieren alle Beteiligten ihre luftigen Ergebnisse ein Wochenende lang beim Windfest im Rahmen des Hamburger Architektursommers. „Wir wollen Kindern und Jugendlichen so noch einmal die Möglichkeit geben, die wunderbaren Flächen in der Hafencity für sich zu nutzen, bevor sie mit Großprojekten überbaut sein werden“, sagt Necker.

Zum „Ideenforum Wind“ am 9. April ab 10 Uhr im KörberForum, Kehrwieder 12, sind auch Interessierte geladen, die nicht direkt an der Aktion teilnehmen. Weitere Infos zum Windfest in der Hafencity am 16./17. September unter: www.windprojekt-hamburg.de