Eine Trüffel sagt alles

Trüffeln sind sensible Umweltindikatoren, weiß eine Trüffelsucherin der Vereinigung der Tartufai im südlichen Siena. Mit der extensiven Landwirtschaft werden sie auch in Italien weniger. Die Preise steigen, die Konkurrenz der Trüffel-Schnüffler wächst

VON LUTZ REDECKER

Ganz flink schlüpft der kleine Fido durch das moosfeuchte Unterholz, in das die ersten Sonnenstrahlen treffen. Plötzlich ein Innehalten. Im Handumdrehen hat er ein Loch gebuddelt, wo sich ein walnussähnlicher Umriss zeigt. Nur viel größer. Nun muss alles ganz schnell gehen. Schon sind die mit einer kleinen Schaufel ausgegrabenen Trüffeln unter der wasserabweisenden grünen Jacke der Sammlerin verschwunden. „Die Hunde sind völlig aufgeregt, und wenn sie an einer Stelle zu lange graben, können die Trüffeln leicht beschädigt werden. Die anderen, die gerade nichts gefunden haben, merken das genau. Es ist da ein wenig ein Ehrgeiz untereinander. Die laufen mir dann zu weit voran, wenn ich eine Stelle nicht schnell verlasse“, sagt Margarita, die Trüffelsucherin.

Einige Minuten später findet Fido eine neue Stelle. Unter einem kräftigen Dornbusch hat sich der Hund durchgedrückt, hört aber auf einen Ruf und kommt sofort hervor. Er wedelt und erhält eine Belohnung.

Margarita, eine von zwei weiblichen Trüffelsucherinnen in der „Associazione Tartufai Senesi“, der Vereinigung der Trüffelsucher von San Giovanni d’Asso südlich Sienas, ist zufrieden. Knapp 300 Gramm sind eine recht gute Ausbeute für die frühmorgendliche zweistündige Runde entlang der fossi, der kleinen Gräben und Rinnsale der Crete, der sienesischen Lehmhügel. „Die Marzuoli, die wir zwischen Januar und April finden, sind etwas fester als die Tartufi bianci und sind etwas leichter zu finden“, erklärt Margarita.

Die Gespräche, in die sie eine halbe Stunde später verwickelt ist, werden mit lautstarker Leidenschaft geführt. Es geht um die Preise von unterschiedlichen Händlern, mit denen die Tartufai zusammenarbeiten. Preise, die täglich, je nach Saison und Wetterlage, wechseln. Der vergangene milde Winter brachte verschwindend wenige Tartufi bianci (Tuber magnum) und ließ den Preis, den die Händler zahlten, auf über 2.000 Euro klettern. 2003 führte die Trockenheit sogar zu Preisen von über 3.000 Euro für das Kilo. Eine schwindelerregende Summe.

Die Saison der „Marzuolo“, der Maitrüffel, einer eher dunklen Trüffel, die sich durch eine Art feinkristallene Oberfläche auszeichnet und weniger rar ist, war etwas besser. Ab Mai folgt die Sommertrüffel, „Scorzone“ genannt, die gelegentlich die Größe einer Kartoffel erreicht und der Marzuolo ähnlich sieht. Man hat es hier mit einer Wissenschaft für sich zu tun.

Zwar behaupten manche, hier oder dort Trüffeln zu züchten. Doch der Mythos der Trüffel lebt gerade davon, dass sie eben nicht reproduzierbar sein soll. Was die konkrete Ausbeute betrifft, wird unter Trüffelsuchern oft untertrieben. Falsche Spuren werden gelegt, um beobachtende Sucher in der Nachbarschaft von den besten Fundstellen wegzulocken.

Nicht unweit des alten Olivetanerklosters Monte Oliveto Maggiore finden sich wildzerklüftete Klippen mit domtiefen Abgründen, die zu den fossi führen. Imposant liegt die Anlage auf einem schmalen Grat, der einen Zugang zum Torhaus bietet. Eine Landschaft aus Dantes „Divina Commedia“ bietet sich dar.

Wenig bekannt ist jedoch die Tatsache, dass in dieser einzigartigen Kulturlandschaft EU-Subventionen ihre Spuren deutlich hinterlassen. Die Getreidefelder werden bis an die Flüsse ausgeweitet, und Unterholz, das den Trüffeln, aber auch den Tieren Nahrung und Schutz gibt, wird so zerstört. Aufforstung bedeutet auch hier unkontrolliertes Abholzen. Und Unkrautvernichter und Düngemittel gelangen in Unmengen in die Flüsse. Heftige Regenschauer können nicht mehr in Gräben aufgehalten und dem flussnahen Erdreich langsam zugeführt werden. Und die kostbaren Trüffeln sind sensible Umweltindikatoren, die weder den Fehlern extensiver Landwirtschaft noch den Ergebnissen des Klimawandels vergeben.

Besonders Herbst und Frühwinter sind Trüffelzeit. In der Toskana in den Colli Senesi bei San Giovanni d’Asso und bei San Miniato östlich von Pisa. Im Piemont in der Region um Alba, den Langhen, Roero und Monregalese. Die jährliche Trüffelmesse in San Giovanni d’Asso findet am zweiten und dritten Wochenende im November statt www.mu seodeltartufo.it, www.cretesenesi.com, www.sanminiatotartufo.it