„Sie haben mich bedroht“

FOLGEN Die Anwälte von David Miranda wollen vor Gericht ziehen und fordern die Herausgabe der beschlagnahmten Computer und Mobiltelefone

DUBLIN taz | David Mirandas Anwälte haben die britische Innenministerin Theresa May informiert, dass sie gegen die Behandlung ihres Klienten juristisch vorgehen werden.

Miranda ist der brasilianische Partner des Journalisten Glenn Greenwald, der im Guardian in Zusammenarbeit mit dem US-Whistleblower Edward Snowden Anfang Juni den NSA-Spähskandal enthüllt hatte. Er war am Sonntag in Heathrow neun Stunden lang festgehalten und verhört worden – die nach Anhang 7 des Antiterrorismusgesetzes von 2.000 maximal erlaubte Zeit. Polizisten setzen ihn fest, als er auf dem Weg von Berlin nach Rio de Janeiro in London umsteigen wollte. In Berlin hatte Miranda von der US-Filmemacherin Laura Poitras, die mit Greenwald und dem Guardian zusammenarbeitet, Material erhalten. Miranda behauptet, er wisse nicht, um welches Material es sich gehandelt habe.

„Die Agenten haben mich die ganze Zeit bedroht und sagten, ich würde ins Gefängnis gesteckt, wenn ich nicht kooperierte“, sagte Miranda dem Guardian. „Sie haben mich wie einen Verbrecher oder jemanden, der Großbritannien angreifen wollte, behandelt. Es war ermüdend und frustrierend, aber ich wusste, dass ich nichts falsch gemacht habe.“ Miranda durfte weder seinen Lebensgefährten Greenwald anrufen, noch stellte man ihm einen Übersetzer zur Verfügung, obwohl er sich im Englischen nicht sicher fühlte. „Ich war in einem fremden Land mit anderen Gesetzen, in einem Raum mit sieben Agenten, die kamen und gingen und mir Fragen stellten. Ich fürchtete, für lange Zeit festgehalten zu werden.“

Jeder Passagier musste beim Verlassen des Flugzeugs seinen Pass zeigen. Miranda wurde sofort abgeführt. Sein Handgepäck wurde durchsucht. Die Beamten beschlagnahmten seinen Computer, eine elektronische Spielekonsole, eine externe Festplatte, zwei neue Armbanduhren und Mobiltelefone. „Ich musste ihnen die Passwörter für meinen Computer und mein Handy geben“, sagte er. Seine Anwälte verlangen die Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände binnen sieben Tagen, die Computer- und Handydaten dürften nicht gesichtet oder kopiert werden. Falls das bereits geschehen sei, müssten die Daten bis zum Prozess unter Verschluss bleiben. Die Regierung verweigert jede Stellungnahme und betont, es handle sich um eine Angelegenheit der Polizei. Scotland Yard müsse entscheiden, ob sich die Beamten angemessen verhalten haben. Die US-Regierung wurde aus London vorgewarnt, nachdem Mirandas Name auf der Passagierliste entdeckt wurde, die Entscheidung, Miranda festzuhalten, sei nicht von den USA verlangt worden, sagte ein Sprecher des Weißen Hauses.

Der US-Historiker Tim Stanley rechtfertigte das Verhalten der britischen Behörden im Daily Telegraph: „Sie wissen von Greenwalds Verbindung zu Snowden, und sie wissen, dass Snowden Zugriff auf gestohlene Informationen hat, die Großbritanniens Sicherheit betreffen. Warum sollten sie dann nicht die Gelegenheit nutzen, Miranda zu verhören, nachdem er britischen Boden betreten hatte?“

RALF SOTSCHECK