Streit um WM-Fete am Ehrenmal

Während der Fußball-WM sollen im Treptower Park Konzerte stattfinden. Anwohner fürchten um ihre Ruhe – und um die der Toten am Sowjetischen Ehrenmal. Veranstaltung ist noch nicht genehmigt

von MARINA MAI

Sie soll eine der größten Kulturveranstaltungen zur Fußball-WM in Berlin werden, die PopKick.06. Die Kulturarena Veranstaltungs GmbH lädt Fußballfans ein, die „einzigartige Atmosphäre der Weltmeisterschaft in einem der weitläufigsten und zentralen Parks der Stadt zu genießen“. Im Treptower Park sollen Fans „ganz entspannt mit Kindern und Freunden auf der Picknickdecke“ in einer abgezäunten Fläche die Spiele auf Großbildleinwänden verfolgen und Konzerten lauschen.

Werbung und Verkauf für das Eröffnungskonzert mit der Berliner Band Seeed laufen bereits. An anderen Tagen gibt’s Musik aus den Herkunftstaaten einiger Nationalmannschaften. Es werden Musiker aus Brasilien, Italien, Sierra Leone und der Schweiz zu Gast sein. Der Riesenevent hat allerdings zwei Haken: Die Behörden haben die PopKick.06, die von der Berlin Tourismus Marketing GmbH bereits als eines der fünf Kulturprojekte zur Fußball-WM beworben wird, noch nicht genehmigt. Und die Anwohner rund um den Treptower Park und auf der gegenüber liegenden Halbinsel Stralau laufen dagegen Sturm.

Viele Anwohner fürchten, dass das Gartendenkmal Treptower Park durch eine Veranstaltung dieser Größenordnung zertrampelt wird. Zudem wollen sie nicht hinnehmen, einen Monat lang Abend für Abend beschallt zu werden. Auch sorgen sie sich um die Totenruhe der 5.000 sowjetischen Soldaten, die nur wenige Meter entfernt am Sowjetischen Ehrenmahl ruhen. Die Treptowerin Brigitte Topfstädt, die bereits mehrfach Infomaterial gegen die Veranstaltung verteilt hat, empört sich: „Es ist pietätlos, wenn neben einem der größten europäischen Friedhöfe, der mit öffentlichen Mitteln saniert wird, täglich Sambaklänge und Rockmusik ertönen.“

Laut ihrer Auskunft wollen viele Anwohner gegen PopKick.06 klagen, wenn der Event genehmigt werden sollte. Topfstädt kritisiert das Geschäftsgebaren der Arena-Betreiber: „Sie bewerben eine noch nicht genehmigte Veranstaltung und wollen damit die Behörden unter Druck setzen, sie zu genehmigen.“

Petra Rohland von der Berliner Umweltverwaltung sieht jedoch keine Lärmprobleme. „Die Gegend um den Treptower Park ist kein dicht besiedeltes Wohngebiet“, sagt sie. Tierschutzbedenken würden hingegen noch geprüft: Im Treptower Park brüten seltene Vogelarten. Petra Rohland: „Die Totenruhe der sowjetischen Soldaten will das Land Berlin natürlich wahren. Die Senatskanzlei ist bereits informiert, dass es möglicherweise diplomatische Probleme mit Russland geben könnte.“ Doch die politische Entscheidung liege beim Bezirk Treptow-Köpenick.

Diplomatische Probleme?

Dessen Umweltstadtrat Michael Schneider (Linkspartei) erklärt salomonisch: „Ich genehmige keine Veranstaltung unmittelbar neben dem Ehrenmahl.“ Aber für das andere Ende der großen Liegewiese, etwa 150 Meter entfernt, neben dem Bahnhof Treptower Park, würde sein Amt „einen Antrag ernsthaft prüfen, wenn er richtig eingereicht wird“. Bisher habe die Arena nur mündlich mit dem Bezirksamt verhandelt. Sie habe weder gesagt, wie viele Besucher sie erwartet, noch, wie groß die Fläche sein soll, die sie einzäunen will. „Das sind Künstler. Die arbeiten spontan. Bisher war unser Amt da tolerant. Aber wenn sie nicht bald professioneller arbeiten, wird das nichts mit der Genehmigung“, so Schneider.

Björn Döring von der Arena weist den Vorwurf zurück, er wolle die Behörden mit vollendeten Tatsachen unter Druck setzen. „Das ist nicht unsere Geschäftsphilosophie. Alle Künstler sind unterrichtet, dass wir noch im behördlichen Genehmigunsverfahren stehen und die Konzerte notfalls an einem anderen Ort stattfinden.“ Seine Firma will auf die Anwohner zugehen und ihnen das Veranstaltungskonzept erläutern. Dass Treptower, die mit dem Ehrenmahl groß geworden sind, ein besonderes Verhältnis dazu haben, verstehe er. „Unsere Veranstaltung steht aber für einen Dialog der Kulturen. Der kann 61 Jahre nach Kriegsende auch neben dem Ehrenmal ein Zeichen für ein anderes Deutschland setzen.“