Forderungen für die Zukunft

BERICHT Ausschuss legt 50 Empfehlungen vor

BERLIN taz | Was muss sich ändern? Rund 50 gemeinsame Empfehlungen aller Fraktionen hat der NSU-Untersuchungsausschuss in seinem Abschlussbericht festgehalten.

So soll nach Ansicht der Abgeordneten die Polizei „in Fällen von Gewaltkriminalität, die wegen der Person des Opfers einen rassistisch oder anderweitig politisch motivierten Hintergrund haben könnten“, dieser mögliche Hintergrund immer „eingehend geprüft“ werden – mit der Ausnahme von Fällen, in denen es einen klaren Verdacht in andere Richtung gibt.

Ein von Opfern oder Zeugen genanntes mögliches Motiv müsse von Polizei oder Staatsanwaltschaft zudem „verpflichtend aufgenommen und angemessen berücksichtigt werden“. Bei den Taten des NSU war im Umfeld der Opfer immer wieder auf Rassismus als denkbares Motiv hingewiesen worden. Ernst genommen haben die Ermittler diese Vermutungen nicht.

Eine weitere gemeinsame Forderung des Ausschusses liefe darauf hinaus, dass der Generalbundesanwalt größere Kompetenzen bekommt, seine Zuständigkeit zu prüfen und Fälle gegebenenfalls an sich zu ziehen. Bei den Ermittlungen zu den Taten des NSU hat es nach Überzeugung der Abgeordneten keine klaren Ermittlungsstrukturen gegeben. Stattdessen ermittelten mehrere lokale Staatsanwaltschaften, Polizeisonderkommissionen und das BKA mit großen „Reibungsverlusten“.

Eine andere Empfehlung des NSU-Untersuchungsausschusses lautet: Opfer mutmaßlicher rassistischer Gewalt müssen, wenn sie Anzeige erstatten, von der Polizei auf spezialisierte Beratungsstellen hingewiesen werden. Darüber hinaus soll das Engagement zivilgesellschaftlicher Gruppen gegen Rassismus und andere Formen der Menschenfeindlichkeit „unterstützt, ausreichend gefördert, ausgebaut und verstetigt werden“.

Es gibt jedoch auch Punkte, bei denen sich die fünf Fraktionen nicht auf einen Konsens einigen konnten – insbesondere bei der Frage nach der Zukunft des Verfassungsschutzes. Die Linkspartei will den Inlandsgeheimdienst letztlich abschaffen, die Grünen wollen den Verfassungsschutz in seiner jetzigen Form auflösen und neu strukturieren. Analog dazu wollen Union, SPD und FDP den Einsatz von V-Leuten lediglich schärfer regulieren, während Linke und Grüne auf die vom Staat bezahlten Spitzel ganz verzichten wollen.

Solche über einen Grundkonsens hinausgehenden Einschätzungen und Forderungen werden die fünf Fraktionen in „ergänzenden Bewertungen“ festhalten, die als Teil des Abschlussberichts an diesem Donnerstag ebenfalls dem Bundestagspräsidenten übergeben werden.

Auch das soll verdeutlichen, wie nahe beieinander die Parteien im Parlament liegen: Bei sonstigen Untersuchungsausschüssen halten die einzelnen Fraktionen ihre abweichenden Ansichten nicht in „ergänzenden Bewertungen“, sondern in „Sondervoten“ fest. WOS