Der Streit um den „Tansania-Park“ in Hamburg

PROTEST Die Lettow-Vorbeck-Kaserne in Hamburg-Jenfeld wird schon lange nicht mehr militärisch genutzt. Um die Art, wie ihre Kolonialdenkmäler präsentiert werden sollen, wird seit Jahren gerungen

Der „Tansania-Park“ in Hamburg ist ein Erinnerungsort, an dem sich viel lernen lässt. Die kleine Anlage, die einmal zur Lettow-Vorbeck-Kaserne gehörte, birgt in ihrem Zentrum ein Denkmal für die deutschen Kolonialtruppen und das Afrika-Korps des Zweiten Weltkrieges. Seit zehn Jahren stehen dort auch zwei übermannshohe Terrakotta-Tafeln aus der inzwischen aufgelösten Kaserne: Die Halbreliefs zeigen Gruppen afrikanischer Träger und Soldaten (Askari), die von Deutschen angeführt werden – eine Reminiszenz an den Namensgeber der Kaserne und dessen Feldzug in Ostafrika während des Ersten Weltkrieges. Dass sie dort stehen und wie die Anlage präsentiert wird, ist Gegenstand eines Streits, der andauert.

Die Tafeln sind ein Stück der Öffentlichkeitsarbeit, die Paul von Lettow-Vorbecks Mitstreiter, der Hauptmann Walter von Ruckteschell, nach dem Ersten Weltkrieg betrieb. Zusammen mit Lettow-Vorbeck verfasste er 1920 dessen Bestseller „Heia Safari!“ – eine Schilderung des Ostafrika-Feldzuges, die er auch illustrierte. Seine 1938 zu beiden Seiten der Kaserne aufgestellten Keramiken überdauerten unbeschadet 60 Jahre – bis die Bundeswehr das Gelände verließ. Danach sollten sie zunächst in das Marine- und Schifffahrtsmuseum des ehemaligen Springer-Vorstandschefs Peter Tamm überführt werden, doch dagegen wehrte sich Horst Junk vom Kulturverein Jenfeld.

Er verlangte die Rückkehr des Denkmals in den Stadtteil und schlug vor, einen „Tansania-Park“ rund um das Kolonialtruppendenkmal zu errichten, in dem auch der ehemalige Expo-Pavillon Tansanias Platz finden sollte. Die Grünen und WissenschaftlerInnen der Uni Hamburg meldeten Bedenken dagegen an, einen unkommentierten Hain mit Kriegerdenkmälern einzurichten. „Bei allen guten Absichten, sind die Initiatoren des Parks der NS-Kolonialmythologie gründlich auf den Leim gegangen“, schrieb der inzwischen verstorbene Afrikanist Heiko Möhle. Die Darstellung einträchtig marschierender Deutscher und Askari unterschlage, dass das Verhältnis zwischen Schwarz und Weiß vor allem ein Herrschaftsverhältnis gewesen sei.

Ein Kuratorium wurde gegründet, um ein Konzept auszuarbeiten, und zerstritt sich. Zwei blaue Tafeln vor Ort und eine Broschüre genügten nicht, um die Denkmale „mit der gebotenen historisch-politischen Sensibilität zu präsentieren, zu interpretieren und zu kommentieren“, kritisierten Möhle sowie die Vertreter des Eine-Welt-Netzwerks und des Völkerkundemuseums. Der Versuch, die tansanische Seite einzubinden, scheiterte ebenfalls. Premierminister Frederick T. Sumaye sagte seinen versprochenen Besuch zur Eröffnung wenige Stunden vorher ab.

Um unerwünschtes Publikum aus der rechten Szene fernzuhalten, wurde der Park umzäunt. Den Schlüssel gibt es beim Kulturverein Jenfeld, der sich allerdings nicht mehr recht in der Lage sieht, die Anlage zu pflegen. Zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeit Tansanias 2011 protestierte der Arbeitskreis Hamburg Postkolonial mit einer Performance vor dem Park.

Zuletzt haben die Grünen das Thema wieder aufgegriffen. Auf ihre Initiative hin beauftragte die Bürgerschaft den Senat „Vorschläge zu erarbeiten, inwieweit ein hamburgweites postkoloniales Erinnerungskonzept entwickelt werden kann“.  KNÖ