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: Neue Impulse für die Titelsammler

EISHOCKEY Nach dem Abgang von Don Jackson gehen die Eisbären nach sechs Jahren mit einem neuen Trainer in die Saison: Jeff Tomlinson will sein Team aggressiver machen

„Durch ihn bin ich zu dem Eishockeyspieler geworden, der ich heute bin“

KAPITÄN RANKEL ÜBERDEN NEUEN COACH

Großes Kopfzerbrechen bereitete Jeff Tomlinson die Niederlage vom Freitagabend nicht. „Das war ein Ausnahmespiel“, beschwichtigte der Trainer der Eisbären Berlin. „Ansonsten haben wir uns in der Vorbereitung jeden Tag verbessert.“ Mit 4:6 mussten sich die Berliner den Hamburger Freezers in der Arena am Ostbahnhof geschlagen geben. Weil einige Eishockeyprofis erkältet oder mit Trainingsrückstand ins Spiel gegangen waren, wollte der Deutsch-Kanadier die Partie nicht so ernsthaft werten. Ohnehin war die Begegnung der European Trophy, einem europäischen Mannschaftsturnier, sportlich bedeutungslos. Die Berliner sind als Gastgeber für die Endrunde (19. bis 22. Dezember) sowieso gesetzt.

Mit dem Saisonstart am kommenden Freitag in Ingolstadt dürfte aber Tomlinsons Gelassenheit verflogen sein. Der 43-Jährige hat nämlich im Sommer in Berlin einen Job angetreten, der aufgrund der jüngsten Historie mit einem immensen Erwartungsdruck verbunden ist. Sein Vorgänger Don Jackson gewann mit den Eisbären in den letzten sechs Jahren fünf deutsche Meistertitel. Er war der Regisseur einer goldenen Vereinsära, bevor ihn die Lust auf etwas Veränderung nach Salzburg führte.

Damit ist er aber nicht allein. Eisbären-Kapitän André Rankel sagt: „Es war eine tolle Zeit mit Don Jackson. Jetzt bin ich aber auch froh, dass etwas Neues kommt.“ Durch die anderen Sichtweisen und Impulse von Tomlinson käme man beim Eishockeyspiel wieder mehr ins Denken. Wobei niemand einen großen Wandel erwarten sollte. Tomlinson ist kein Unbekannter bei den Eisbären. Sechs Jahre lang arbeitete er hier als Nachwuchstrainer und Assistent von Don Jackson, ehe er nach Düsseldorf wechselte. Der 28-jährige Rankel etwa hat ihm viel zu verdanken: „Durch ihn bin ich zu dem Eishockeyspieler geworden, der ich heute bin.“ Auch in diesem Sommer hat er jungen Nachwuchskräften wie Thomas Supis, Henry Haase und Alex Trivellato, die unter Don Jackson keine Rolle spielten, ans Team herangeführt.

Tomlinson ist Bewahrer und Erneuerer zugleich. Er will den erfolgreichen Offensivstil der Eisbären erhalten und die in der Vergangenheit immer wieder anfällige Verteidigung stärken. Dass beides in Einklang miteinander zu bringen ist, davon ist er fest überzeugt. „Wir müssen schneller umschalten, wenn wir den Puck verlieren“, sagt Tomlinson. Ein besonderes Augenmerk legt er auf das Unterzahlspiel, bei dem die Berliner unter Don Jackson häufig keine Figur gemacht haben. „Da gibt es ein paar Veränderungen, die uns weiterbringen werden“, glaubt André Rankel. Sein Trainer gibt nur so viel preis: „Wir müssen aggressiver werden.“

Es ist ein ambitioniertes Vorhaben. Zumal Constantin Braun, der zum besten Verteidiger der letzten Playoffs gewählt wurde, auf unbestimmte Zeit ausfällt. Anfang August teilte er mit, dass er unter Depressionen leide und sich in Behandlung begeben müsse. „Er fehlt uns im Unterzahl-, im Überzahlspiel, in der Kabine, überall“, sagt Tomlinson. Die mögliche Verpflichtung eines Ersatzspielers hat er vorerst ausgeschlagen. Man wolle Braun für die Rückkehr einen Platz frei halten.

Ein gelungener Saisonstart wäre gewiss förderlich, um mögliche Unsicherheiten, wie das Alte mit dem Neuen zu verbinden ist, abzubauen. Von der erdrückenden Erfolgsbilanz seines Vorgängers lässt sich Tomlinson nicht kirre machen. Er gibt nur kurzfristige Ziele aus. Unter den Top Vier wolle man vor den Playoffs stehen, sagt er. Erst dann möchte er über den möglichen achten Meistertitel der Eisbären in der Deutschen Eishockey-Liga reden. JOHANNES KOPP