die taz vor 13 jahren über die mafia und den knapp werdenden platz in italiens gefängnissen
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Niccolo Amato, seit zehn Jahren Oberaufseher über Italiens Gefängnisse, hat Alarm geschlagen: Wenn das so weitergehe, müsse er mindestens doppelt, wenn nicht gar drei- bis viermal soviel Platz in seinen Gefängnissen haben, die derzeit sowieso schon heillos überfüllt sind. Grund für diese Inanspruchnahme: Nicht nur, daß die neugeschaffenen Spürhund-Abteilungen der Antimafia-Polizei zu Tausenden bisher unbehelligt dahinlebende Bosse einliefern – die Burschen bleiben mittlerweile auch alle drin. Nix mehr da mit schneller Wiederentlassung, kein Freispruch mehr wegen Mangels an Beweisen.

Doch auch das ist noch nicht das dickste aller Eier: Wenn die Hochrechnungen halten, die Staatsanwälte und Journalisten derzeit aufgrund der Enthüllungsgeschwindigkeit in den Korruptionsskandalen aufgestellt haben, sind alleine im laufenden Jahr mehr als 50.000 neue U-Häftlinge zu gewärtigen.

Doch nicht genug: Nebenher beginnen jetzt die ersten Prozesse, und danach werden vermutlich gut zwei Drittel der jetzt wegen Geständigkeit wieder Freigelassenen ihre drei oder vier Jahre absitzen müssen. Da kommt man leicht auf bis 400.000 und mehr Knastbrüder und -schwestern bis zur Jahrtausendwende. Die von Amato vorgeschlagene Lösung geschwinder Neubauten empfiehlt sich allerdings nicht so recht: waren doch gerade in diesem Zusammenhang erstmals Minister und hohe Beamte wegen Bestechlichkeit im Zusammenhang mit der Bauvergabe für neue Knäste ins Kittchen gewandert und haben so die Knast-Population weiter befruchtet. Werner Raith, 31. 3. 1993