Bereit für die neue Elbflut

In Dresden positionieren sich die Fernsehteams für dramatische Bilder vom Hochwasser. 25 Kilometer stromaufwärts wurde bereits der Katastrophenalarm ausgerufen

DRESDEN taz ■ Vom Elbradweg nichts mehr zu sehen. Das Terrassenufer in Dresden ist schon seit zwei Tagen gesperrt. Hier haben sich auch die ersten Übertragungswagen des Fernsehens postiert. Im unweit gelegenen Landtag steht die Tiefgarage feucht und leer. Das neue Kongresszentrum nebenan, dem sich die Elbe bedrohlich nähert, ist durch eine provisorische Sperre gesichert worden. Wegen der gesperrten Uferstraßen herrscht in der Stadt Verkehrschaos.

25 Kilometer stromaufwärts wurde bereits der Katastrophenalarm ausgerufen. In Bad Schandau und Pirna sind die Zufahrten gesperrt und bereits rund tausend Einwohner evakuiert worden. Die Innenstädte sind bedroht, zumal ein weiterer Pegelanstieg um einen Meter vorausgesagt wird. In Tschechien hatte es zusätzlich zur plötzlichen Schneeschmelze auch noch heftig geregnet. Doch auch von den Höhenzügen des Osterzgebirges bis hin zur Sächsischen Schweiz berichten Einwohner von üblen Wasserschäden.

Das heftige Tauwetter hat überall spontane Bäche entstehen lassen, die Böschungen angreifen und Straßen unterspülen. Felder und Wiesen haben sich in Seen verwandelt. Noch bis zum zweiten Märzwochenende war die Schneedecke teilweise auf mehr als zwei Meter angewachsen.

In der Schneemenge lagerte ein Wasseräquivalent von 150 Millimeter Niederschlag, teilte das sächsische Umweltministerium mit. Das entspricht etwa der Hälfte der Starkregenmenge, die im August 2002 die Hochwasserkatastrophe ausgelöst hatte. Das Ministerium warnte schon seit zwei Wochen vor drohendem Hochwasser an der Elbe und bat die Bürger auch um private Vorkehrungen. Die Talsperrenverwaltung hatte den planmäßigen Stauraum von 150 Millionen Kubikmetern vorsorglich um weitere 50 Millionen erhöht.

Wie böse Ironie mutet es an, dass vor einer Woche an der Dresdner Universität aufwändig ein Modell der mittelsächsischen Stadt Grimma gebaut wurde, um die Hochwassersituation zu simulieren. Die historische Innenstadt von Grimma war 2002 besonders schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Nun droht ihr am Wochenende Ähnliches. Doch Sachsens Umweltminister Stanislaw Tillich warnt vor Panik. Der maximal für Dresden vorhergesagte Pegel liegt bei 7,50 Metern und damit knapp zwei Meter unter dem historischen Höchststand von 2002.

An den Zuflüssen aus dem Erzgebirge, wo damals eine Sturzflut die schlimmsten Schäden anrichtete, kann bereits wieder Entwarnung gegeben werden. Das Talsperrensystem hat hier seine Regulierungsprobe bestanden. Auch die für heute erwarteten mäßigen Regenmengen dürften die Lage nicht verschärfen. Elbabwärts aber werden zumindest Keller vorsorglich ausgeräumt. „Ich wollte das eigentlich nie wieder erleben“, sagt eine Dresdnerin.

Den spürbarsten Fortschritt seit der Flut vor dreieinhalb Jahren hat es im Warnsystem mit dem neuen sächsischen Katastrophenschutz- und Wassergesetzen gegeben. Die Vorwarnzeiten haben sich von 24 auf 60 Stunden verlängert, die Zusammenarbeit mit den tschechischen Behörden klappe hervorragend, sagt Stanislaw Tillich. „Ich wüsste nicht, was der Bund hätte besser machen sollen“, spielt der sächsische Umweltminister auf die Föderalismusdebatte an. Er wünsche sich vielmehr, dass der Bund unbürokratisch seine Pegelmessstellen entlang der Bundeswasserstraße Elbe zur Verfügung stellt. Und dass die Bahn auf das sächsische Ansinnen einginge, ihre ohnehin zu sanierenden Bahndämme im Elbtal auch gleich zu Deichen zu machen. MICHAEL BARTSCH