Wenige auf Wahlkampftour

HELLERSDORF Vier Stationen fuhr die NPD im Bezirk an, um gegen Flüchtlinge zu hetzen – die Gegendemonstranten jedoch waren deutlich in der Überzahl. Heute kommen die Nazis nach Neukölln

Die Gegendemonstranten sind schon früher da: An einem Supermarkt ganz in der Nähe der Ahrensfelder Chaussee bauen Mitglieder der Linkspartei bereits um 9.30 Uhr ihre Boxen auf. Es soll die erste von vier Aktionen gegen die NPD werden – die Neonazis sind auf Wahlkampftour durch Marzahn-Hellersdorf. Etwa eine Stunde später kommen denn auch sechs NPDler zur anderen Seite des Supermarkts und stellen ihr Rednerpult auf – viel mehr Rechte werden es den ganzen Tag über nicht. Unter ihnen sind der Berliner Landeschef Sebastian Schmidtke und der frühere Parteichef Udo Voigt.

Nachdem Rechte in den letzten Wochen mehrfach vor einem neu eingerichteten Flüchtlingsheim in Hellersdorf gehetzt hatten, hatte die NPD für Mittwoch vier neuerliche Kundgebungen im Bezirk angekündigt. Start war an der Ahrensfelder Chaussee, über das Einkaufszentrum Eastgate ging es zum Cecilienplatz und schließlich in die Nähe der neuen Asylunterkunft. Der Aufmarsch direkt vor dem Heim war der Partei untersagt worden.

Am Mittwoch früh wissen viele Anwohner gar nicht, was los ist, fragen die Polizei, die mit 350 Einsatzkräften und Absperrungen NPDler und Gegendemonstration auseinanderhält. Kaum jemand schließt sich jedoch einer der Demos an. „Wir könnten uns auch Schöneres vorstellen, als Präsenz gegen Nazi-Demos zu zeigen“, sagt der Vorsitzende der Linksfraktion im Bezirk, Norbert Seichter. Aber es gebe keine andere Möglichkeit: „Wir können diesen Hass nicht zulassen.“

Dirk Stegemann, der seit Wochen eine Mahnwache vor dem neuen Flüchtlingsheim organisiert, hat auch die Gegendemo mitinitiiert. Mit der Bahn, zu Fuß und einem Doppeldeckerbus sind es gut 50 Demonstranten, die der rechten Partei mit Trillerpfeifen und Musik auf Schritt und Tritt folgen. Vor dem Eastgate durchbrechen vier Aktivisten die Absperrung und bekommen Platzverweise von der Polizei, einer wird festgenommen. Gegen 16 Uhr ist die Tour vorbei – der Bus der Aktivisten fährt noch am Flüchtlingsheim vorbei. „Um Solidarität zu zeigen“, sagt einer.

Schon am heutigen Donnerstag will die NPD wieder aufmarschieren, diesmal ab 10 Uhr mit zehn Kundgebungen in Neukölln. Die letzte am Abend in der Parchimer Allee – nicht zufällig unweit der Fritz-Karsen-Schule, in der über eine neue Flüchtlingsunterkunft in Britz informiert werden soll. ANNA KUSSEROW