Fünfeinhalb Jahre Haft für Heidi K.

HESSEN Gefängnis nach erfundenen Vorwürfen einer Vergewaltigung

DARMSTADT taz | Das Landgericht Darmstadt hat die Biologielehrerin Heidi K. wegen Freiheitsberaubung zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Die heute 48-Jährige hatte ihren früheren Kollegen Horst Arnold vor zwölf Jahren bezichtigt, sie vergewaltigt zu haben. „Erschreckend“, hieß es in der Urteilsbegründung, sei das Fehlen eines wirklichen Motivs der Täterin.

„Die Justiz würde sich gern bei Herrn Arnold entschuldigen“, sagte Richterin Barbara Bunk, Vorsitzende am gleichen Gericht, das den Lehrer 2002 wegen Vergewaltigung fünf Jahre ins Gefängnis schickte. Im Laborraum eines Gymnasiums in Reichelsheim sollte er Heidi K. zu Analsex gezwungen haben. Weil die Lehrerin alle Vorwürfe erfunden habe, erklärte ein Kasseler Gericht 2011 in einer Wiederaufnahme Arnold für unschuldig. Er starb 2012 an Herzversagen.

Die Lehrerin blieb im Prozess bei ihrer Vergewaltigungsversion. „Objektive Beweise“ für oder gegen ein Verbrechen im Laborraum gebe es nicht, sagte Bunk. „Mosaiksteine“ bei der Urteilsfindung seien aber die zahllosen erfundenen Geschichten gewesen, die Heidi K. über Jahre hinweg im Bekanntenkreis erzählte.

In ihren Schilderungen von Arnolds angeblichem Übergriff hatte sich die Lehrerin 2001 tagelang gesteigert, aus einer verbalen Attacke wurde schließlich die Vergewaltigung. „Erwachsene haben gelernt zu lügen“, sagte Bunk. Aber in ihrem Hang zum Dramatisieren habe Heidi K. nicht mehr gewusst, was sie zuvor erzählte. „Ichzentriertheit im Erfinden tragischer Geschichten“, nannte es ein Gutachter.

Der von der Verteidigung angekündigten Revision wird von Prozessbeobachtern allenfalls Einfluss auf das Strafmaß beigemessen. STEFAN HÖHLE