Reise zu falschen Planeten

Im Düsseldorfer FFT findet virtuell der „Kongress der Planetenvereinigung“ statt. Behinderte und nicht-behinderte Darsteller zeigen ihre erste multimediale Science-Fiction-Lichtspiel-Operette

VON KATRIN JÄGER

Soll die Erde in die Vereinigung der Planeten aufgenommen werden? Diese Frage steht im Zentrum der Science-Fiction-Lichtspiel-Operette „Kongress der Planetenvereinigung“. Das groteske Multimediaspektakel gastiert drei Tage lang im Düsseldorfer Forum Freies Theater (Juta). „Für das Stück gab es keine Textvorlage“, sagt Christoph Grothaus, der künstlerische Leiter von „barner 16“. In diesem Hamburger Netzwerk arbeiten behinderte und nicht-behinderte Musiker, Filmemacher, Darsteller und Tänzer. Der „Kongress der Planetenvereinigung“ ist ihr erstes gemeinsames Stück.

„Wir haben den Darstellern in Interviews ganz gezielte Fragen gestellt“, erklärt Grothaus. Aus den Antworten seien dann nach und nach die Rollen entstanden. Eine von drei zentralen Figuren ist Hermann der Karusker (Carl-Heinz Hille). Er ist Hundeforscher und Teilnehmer am Kongress. Leider verfliegt sich der Hüne von seinem Heimatplaneten Träge aus und landet auf dem ehemaligen, inzwischen abgetakelten Kongressplaneten Tenalp. Der existiert, wie der „echte“ Kongress, nur virtuell auf einer Leinwand. Als schwarz-weiß verfremdete 3-D-Animation der Hamburger City Nord, die an die 1960er Jahre-Ästhetik in „Raumpatrouille“ erinnert, natürlich auch Hermanns Teekannen-Raumschiff Babel.

Als auf Tenalp das eingefrorene wissenschaftliche Orchester auftaut, beginnt das Spektakel, unter humoristischer Leitung von Jaques Palminger, der als Chef des visuellen Kongresses auch für den Herzschmerz zuständig ist: Die Hausmeisterin Fräulein Cooper verliebt sich abgöttisch in ihn. „Ob das gut geht, wird vorher nicht verraten“, sagt Lana Cooper. Die Schauspielschülerin hat bereits in einem anderen Film von „barner 16“ mitgewirkt und mag die Zusammenarbeit mit den behinderten KollegInnen: Sie seien spürbar, warm, herzlich und sehr direkt in Kommentaren.

Ebenso empfindet das Ibrahima Bah von „Hajusom“, der Hamburger Theatergruppe jugendlicher Flüchtlinge. Er mimt den Jogger Rahim, hilft Hermann bei der Hundesuche und begleitet ihn als blinder Passagier zu dessen Planeten. „Ich lerne sehr viel durch die Arbeit an dem Stück“, sagt Ibrahima. Vorher habe er noch nie mit blinden Menschen Kontakt gehabt. Bei der Theaterarbeit sei das ganz selbstverständlich und alle brächten ihn auf neue Ideen. Da geht das Konzept von „barner 16“ auf. Die künstlerischen Projekte orientieren sich nicht an so etwas wie der allgemeinen Vorstellung von Theater. Die Gruppe ist ihr eigener Maßstab. „Die Eigenarten der Mitwirkenden bestimmen die Themen, die Handlung und das Miteinander“, sagt Produktionsleiter Joschi Neu. Es sei bedauerlich, dass kulturelle Projekte mit behinderten Darstellern häufig in der Sozialecke landen würden. Das sähe man auch an der Finanzierung. „Wir bekommen Gelder von sozialen und kirchlichen Trägern, aber nicht aus Kulturtöpfen,“ sagt Leiter Grothaus.

Weil die Crew von „barner 16“ Stanislav Lem mag, hätten „Außerirdische“ bei der Themensuche für dieses Projekt viel Anklang gefunden. „Wir haben damit eine Insel entdeckt, wo die Gesetze andere sind als anderswo auf der Welt“. Die gemischte Theatergruppe betrachtet die Erde eben von anderen Standpunkten aus. „Thematisch erinnert das auch an die Debatte der EU-Mitgliedstaaten um die Aufnahmebedingungen der Türkei“, sagt Grothaus.

6. bis 8. April, 20:00 UhrInfos: 0211-8767870