Flut kurz vor Magdeburg

In Dresden und Tschechien beginnt der Elbepegel zu sinken. Dennoch gibt es noch keine Entwarnung: Es ist unsicher, ob durchweichte Deiche halten

ANNA DOBELMANN
(BERLIN) und ULRIKE BRAUN (PRAG)

In den Hochwassergebieten in Ostdeutschland gibt es noch keine Entwarnung. Die Elbe hat gestern in Dresden und der Sächsischen Schweiz ihren Höchststand erreicht und steigt nun flussabwärts weiter an. In Magdeburg wird der Hochwasserscheitel am Donnerstag erwartet. Experten rechnen dort mit einem Pegel von bis zu 6,4 Metern, nur 30 Zentimeter unter dem Stand bei der Jahrhundertflut von 2002. In Dresden blieb der Pegel gestern konstant bei 7,49 Meter, 2 Meter weniger als 2002. „Es ist noch keine Entwarnung abzusehen“, sagte der sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt. Es ginge nun hauptsächlich darum, die aufgeweichten Deiche an der Elbe unterhalb von Dresden zu verteidigen.

In Österreich bleibt die Lage „weiter kritisch“, sagte ein Sprecher der Landeswarnzentrale Niederösterreich. In der Nacht zum Dienstag ist ein weiterer Damm gebrochen, die überschwemmten Gebiete sind jedoch unbesiedelt. Am Montag war in Dürnkrut rund 50 Kilometer nordöstlich von Wien ein Damm gebrochen. Etwa zwei Drittel der Ortschaft standen unter Wasser. Im nordbayerischen Bischofsheim kam ein 86-jähriger Mann ums Leben, der in den Fluten der Brend einen Mülleimer auswaschen wollte.

Umweltverbände beklagen unterdessen, dass zum Teil mit falschen Maßnahmen auf die Flut 2002 reagiert wurde. „Dämme und Schutzwände sind keine besonders sinnvolle Maßnahme“, so BUND-Sprecher Rüdi- ger Rosenthal. „Wenn ich den Fluss an der einen Seite einzwänge, drängt er anderswo heraus.“ Der sächsische Umweltminister Stanislaw Tillich wies die Kritik zurück. Man müsse beachten, dass die Elbe im oberen Lauf in einem engen Tal liege.

In Tschechien ist die Lage weitaus dramatischer: Schäden in Millionenhöhe, tausende evakuierte Menschen, hunderte überschwemmte Häuser, Straßen, Felder. Sieben Tote, zwei Vermisste. So lautet die vorläufige Bilanz. Im nordböhmischen Usti nad Labem (Aussig an der Elbe) stieg der Pegel in der Nacht von Montag auf Dienstag auf 8,85 Meter. Bis der Fluss wieder seinen Normalpegel von zwei Metern erreicht hat, kann es Wochen dauern. Vor allem, wenn es weiter so regnen wird, wie es die Meteorologen voraussagen. So herrscht in Usti Chaos. Evakuiert wurden 1.500 Menschen, Brücken und Straßen sind gesperrt.

Hochwasserschutz ist in Tschechien Sache des Staates – darauf hat sich Usti verlassen. Besser erging es Kommunen bei der Flut, die nicht auf die Regierung gesetzt haben. So hat Prag nach der Flut von 2002 rund 100 Millionen Euro in Hochwasserschutz investiert – und konnte jetzt die Moldau im Bett halten. Auch Theresienstadt konnte das Wasser dank eigenfinanzierter Barrieren abwehren.

Im Juni sind in Tschechien Wahlen. Daher überlegt die Regierung, wie sie den Opfern der diesjährigen Flut helfen kann. Erwägt wird, dafür die Dividenden der halbstaatlichen Elektrizitätsfirma CEZ zu finanzieren, die das AKW Temelín betreibt.