Ungewohnte Ruhe

FLUGVERBOT Wo sonst die Jumbojets dröhnen, hörte man in diesen Tagen nur das Zwitschern der Vögel. Nun müssen sich die Schrebergärtner am Hamburger Flughafen langsam an das Ende der Ruhe gewöhnen

Von Hamburg und Hannover aus wird mit Sondergenehmigung wieder geflogen

Die noch nicht ganz grünen Hecken in der Anlage „Früh auf“ sind bereits akkurat geschnitten. Die Schrebergärtner beseitigen die letzten Spuren des langen Winters, putzen ihre Gartenzwerge und pflanzen die ersten Blumen – direkt am Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel, wo normalerweise Jumbojets über die Köpfe der Menschen hinwegdonnern. „Ich bin der letzte Schrebergarten vor der Grenze“, sagt Hannelore Schlubeck grinsend und deutet mit ihrer Gießkanne auf den hohen Stacheldrahtzaun neben ihrem Blumenbeet. Dahinter ein einsames Flugzeug, das ungenutzt auf dem großen Platz vor der Lufthansa-Werft steht. Kein Geräusch dringt von dort in den Garten, die Arbeiten scheinen zu ruhen.

Seit dem Vulkanausbruch auf Island und dem Zusammenbruch des Flugverkehrs herrscht im Schrebergarten eine ungewohnte Stille. Und während auf der ganzen Welt tausende von Reisenden festsitzen und sich über ihre gestrichenen Flüge ärgern, freuen sich die Kleingärtner über das Flugverbot. „Klar genießen wir die Ruhe“, sagt Carsten Kruse über das Tor seines Gartenzauns hinweg. Dann besinnt er sich, ganz so, als hätte er gerade etwas Böses gesagt. „Natürlich ist es hier auch sonst schön, sonst hätten wir die Parzelle ja nicht genommen.“ Auf seinen Garten lässt man in der Anlage „Früh auf“ nichts kommen.

Zumal die Ruhe sich nach und nach wieder verflüchtigt: Trotz andauernder Sperrung des deutschen Luftraums sind am Dienstag etliche Maschinen auf dem Hamburger Flughafen gestartet und gelandet. Bis zum Nachmittag gab es jeweils rund 20 Abflüge zum Beispiel nach Mallorca sowie Ankünfte aus Städten wie Hurghada und Neapel. Die Maschinen durften nur mit einer Sondergenehmigung im so genannten Sichtflug starten. Die Deutschen Flugsicherung (DFS) verlängerte das Flugverbot am Dienstag zunächst bis 20.00 Uhr.

Auch am Flughafen in Hannover starten und landen wieder vereinzelte Flugzeuge mit Sondergenehmigung. Auf den Flughäfen Bremen und Münster/Osnabrück blieb es am Dienstag dagegen ruhig.

Auch Hannelore Schlubeck freute sich über das Flugverbot. „Wenn ich einmal hier übernachte, werde ich um drei Minuten nach sechs aus dem Bett geholt“, sagt die Rentnerin. Jetzt könne sie dagegen ausschlafen.

Allerdings könnte mit Übernachtungen im Schrebergarten bald Schluss sein: Der Hamburger Senat will das Nachtflugverbot für zwei Nächte aufheben, sobald der Luftraum wieder freigegeben ist. Um den Stau abzubauen dürfen die Maschinen dann nicht nur tagsüber, sondern auch zwischen 23 und 6 Uhr über den Schrebergarten „Früh auf“ fliegen. Immerhin würde die Anlage dann ihrem Namen gerecht.

VANESSA BUFF