Freie Heide reitet wieder

Am Ostersonntag organisiert die Freie Heide ihre 100. Protestwanderung gegen das Bombodrom. Die Bürgerinitiative zeichnet sich durch einen langen Atem aus – und feierte schon viele Erfolge

von ULRICH SCHULTE

Auf dem Plakat ziehen weiße Wölkchen über den Himmel, eine davon hat die Form einer Friedenstaube. Die Bürgerinitiative Freie Heide ruft pünktlich zu Ostern wieder zur Protestwanderung gegen das Bombodrom. Ihr geht es, so die unverkennbare Botschaft, um eine düsenjägerfreie Luft. Viel wichtiger aber ist die Zahl, die auch auf das Plakat gedruckt ist. Es ist die 100. Protestwanderung, die am Ostersonntag im brandenburgischen Fretzdorf vor der Kirche beginnt.

Mehrere tausend Menschen erwartet der Sprecher der Freien Heide, Benedikt Schirge, dieses Mal. Sie werden gegen 14.30 Uhr losgehen und nach gut einem Kilometer an die Grenze des Geländes kommen, für das sie die zivile Nutzung erstreiten wollen: 144 Quadratkilometer in der Kyritz-Ruppiner Heide. Einst fuhren hier Panzer der Roten Armee, künftig will die Bundeswehr das Areal für Tiefflüge nutzen.

Das Ziel jeder Bürgerinitiative, sich selbst überflüssig zu machen, hat die Freie Heide längst noch nicht erreicht. Denn der Streit zwischen dem Bundesverteidigungsministerium und der Initiative ist vor Gericht in vollem Gange. Drei Gemeinden und zwei Gewerbetreibende hatten gegen den militärischen Übungsplatz geklagt. Im Jahr 2003 beschloss das Verwaltungsgericht, dass die Bundeswehr bis zur Entscheidung nicht fliegen darf. Die hat mit Abänderungsanträgen zurückgeschossen – um doch den ein oder anderen Tiefflug durchzusetzen. Wann die Richter darüber entscheiden sei unklar, sagt Gerichtssprecherin Dagmar Rudolph. „Die Anträge sind sehr umfangreich.“ Das Hickhack könnte den Ausgang des Hauptverfahrens verzögern, das in diesem Jahr beendet sein sollte. Selbst dann steht beiden Parteien der Gang vors Ober- und Bundesverwaltungsgericht offen. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Die Bürgerinitiative, zu der rund 1.000 Menschen gehören, hat einen langen Atem: Gegründet hat sie sich schon 1992. Bemerkenswert ist auch, dass die Mobilisierungskraft in all den Jahren nicht abnahm. Sprecher Schirge verweist stolz darauf, dass die Freie Heide seit längerem den bundesweit größten Ostermarsch organisiert. Vergangenes Frühjahr kamen fast 10.000. Die Tradition soll die 100. Wanderung fortsetzen – samt Trommelgruppe und einem Massen-Sirtaki der DemonstrantInnen.

Die Erfolge der Bürgerinitiative gehen aber über das reine Teilnehmerzählen hinaus. Laut Schirge siegte sie in 20 Gerichtsverfahren, der Serie steht keine einzige Niederlage gegenüber. Sie verschliss drei Verteidigungsminister. Franz Josef Jung (CDU) will allerdings nach wie vor Tornados über die Kiefern brettern lassen. Die Politiker in den drei betroffenen Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin sind – mit unterschiedlicher Leidenschaft – für die zivile Nutzung, nicht zuletzt wegen des regen Bürgerengagements. Bombodrom-Gegner Schirge hofft, dass die Kanzlerin – und Brandenburgerin – Angela Merkel (CDU) ihren Verteidigungsminister überstimmt. „Irgendwann muss Vernunft einkehren.“ Skepsis ist angebracht. Im April 2005 bezeichnete Merkel das Bombodrom in einem Brief an einen Umweltverband als unverzichtbar.

Infos im Internet: www.freieheide.de