Oppositionsfraktionen betätigen sich als Filmkritiker

KAMERA LÄUFT Normenkontrollklage gegen die erleichterte Praxis bei Polizeivideos

Jetzt macht die Opposition Ernst: Am Dienstag verkündeten Grüne, Linke und Piraten im Abgeordnetenhaus, gemeinsam gegen das neu eingeführte Gesetz vorzugehen, welches der Polizei das Filmen von Demonstrationen erleichtert. Dafür haben sie in der vergangenen Woche eine gemeinsame Normenkontrollklage beim Berliner Verfassungsgerichtshof eingereicht.

Linken-Fraktionschef Udo Wolf kritisierte das Gesetz als „Desaster“ und „massiven Eingriff in die Versammlungsfreiheit“. Rot-Schwarz hatte die Neuregelung pünktlich zum 1. Mai verabschiedet. Sie gestattet der Polizei, Demonstrationen zur Einsatzlenkung zu filmen, sobald deren „Größe oder Unübersichtlichkeit“ dies erfordert. Bisher war Filmen nur bei „unfriedlichen“ Aufzügen erlaubt.

Aus Sicht der Opposition eine viel zu schwammige Formulierung: Die Polizei, so Piraten-Innenexperte Christopher Lauer, könne nun im Grunde immer filmen, da sie selbst festlege, wann eine Demo groß und unübersichtlich ist. Grünen-Geschäftsführer Benedikt Lux kritisierte, für Demonstranten sei jetzt völlig unklar, warum und wie gefilmt werde. „Das Gesetz schafft ein kleines bisschen Bequemlichkeit für die Polizei, aber sehr viel Abschreckung für Demonstrationsteilnehmer. Das ist unverhältnismäßig.“

Zwar legt das Gesetz fest, dass die Aufnahmen weder gespeichert noch Demonstranten durch Heranzoomen identifiziert werden dürfen. Auch müssen Versammlungsleiter über das Filmen informiert werden. Linken-Mann Wolf kritisierte aber, dies sei in der Praxis nicht geschehen. Auch die Innenverwaltung musste einräumen, dass die Polizei am 1. Mai nicht alle Versammlungsleiter über die Aufnahmen informiert hatte – weil diese nicht gefunden wurden oder es eigene „Kommunikationsfehler“ gab.

Selbst in der Koalition ist die Filmerei umstritten. Im Mai beschloss ein SPD-Parteitag, das Gesetz wieder zu kassieren. Senat und Fraktion ignorierten’s. Wie das Verfassungsgericht urteilt, bleibt abzuwarten. Mit einer Entscheidung wird frühestens in einem Jahr gerechnet. K. LITSCHKO