Die Welt wird reicher

REICHTUM Die Aktienhausse treibt die Geldvermögen auf Rekordhöhen. In Deutschland fällt der Zuwachs allerdings eher mager aus

Die Krisenländer Griechenland und Spanien sind von der Entwicklung abgehängt

VON ULRIKE HERRMANN

BERLIN taz | Das weltweite Geldvermögen hat einen neuen Rekord erreicht: Im Jahr 2012 belief es sich auf 111 Billionen Euro. Dies war eine Steigerung von 8,1 Prozent, wie sich aus dem „Global Wealth Report“ ergibt, den der Allianz-Konzern am Dienstag vorstellte.

Als Geldvermögen zählt die Allianz Bargeld, Bankeinlagen und Aktien, aber auch die Ansprüche gegenüber Versicherungen. Vermögensgegenstände wie Immobilien, Autos oder Kunstwerke wurden hingegen nicht berücksichtigt. Die Studie untersucht die Vermögen und die Schulden der privaten Haushalte in über 50 Ländern.

In Deutschland betrug das Geldvermögen 4.939 Milliarden Euro – was ein Plus von 4,9 Prozent bedeutete. Dieser Zuwachs ist vor allem dem Boom an den deutschen Börsen zu verdanken. Auch weltweit trieben vor allem die steigenden Aktienkurse das Geldvermögen nach oben.

Allerdings kommt die Vermehrung des Geldvermögens in Deutschland im internationalen Vergleich eher langsam daher. In Asien betrug das Plus knapp 16 Prozent, wobei Japan dort herausgerechnet ist, das schon seit Jahrzehnten unter einer Deflation leidet. Auch die Vermögen in Lateinamerika und in Osteuropa wuchsen zweistellig. Nordamerika kam immerhin auf 8,3 Prozent, während es bei Westeuropa 5,3 Prozent waren.

Dass der Zuwachs in Deutschland schleppender verlief, liegt daran, dass die Zinsen extrem niedrig liegen. Dies ist eine indirekte Folge der Eurokrise: Da Deutschland als das stabilste Land in der Währungsunion gilt, fließt viel Geld aus den anderen europäischen Ländern in die Bundesrepublik – und das drückt dann hier die Zinsen.

Die Eurokrise hinterlässt auch in den anderen Ländern deutliche Spuren. Vor allem die Griechen haben stark an Vermögen verloren. Ihr durchschnittliches Nettogeldvermögen liegt nur noch bei 28 Prozent des Durchschnitts in der Eurozone. Vor der Krise waren es noch deutlich über 50 Prozent. In Spanien ist dieser Wert von 61 auf 44 Prozent gefallen.

Aber nicht nur die Eurokrise hat Vermögen vernichtet. Auch die Finanzkrise war teuer, wie sich den längerfristigen Allianz-Zahlen entnehmen lässt. Betrachtet man nämlich nicht nur das vergangene Jahr, sondern den Zeitraum seit dem Zusammenbruch der US-Investmentbank Lehman Brothers im September 2008, dann zeigt sich: Das jährliche Wachstum der Geldvermögen pro Kopf lag in Japan bei 0 Prozent, in den USA bei 0,1 Prozent und bei 1,1 Prozent im Euroraum. Anders gesagt: Der Zuwachs beim Geldvermögen hat noch nicht einmal die Inflation ausgeglichen.

Zudem bilden die durchschnittlichen Pro-Kopf-Zahlen noch nicht das ganze Drama ab: Die Zahl der Menschen ohne nennenswertes Geldvermögen hat seit der Finanzkrise in den USA, Europa und Japan deutlich zugenommen.

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