„Unser Kongress ist wie Youtube, nur dreidimensional“

WAS MACHEN SIE HEUTE? Claudia Fischer-Appelt geht ins Irrenhaus und erfindet dort Kultur 3.0

■ ist Begründerin der Hamburger Designinitiative Mamamoto und Veranstalterin des „Kongress für anders“.

Foto: privat

taz: Frau Fischer-Appelt, der „Kongress für anders“ will ab heute die Freiheit des Web 2.0 in die Realität der Kunst übertragen. Fühlen Sie sich in Ihrer Rolle als Designerin gefangen?

Claudia Fischer-Appelt: Ja. Man wird immer in eine Schublade gepackt. Ich wollte etwas Freieres machen. Die starren Genregrenzen sehe ich an den verschiedenen Künstlergattungen, die bei dem Kongress aufeinander treffen. Die müssen sich erstmal aneinander gewöhnen. Wenn nebenan ein Graffiti-Artist Wände besprüht, fragen die bildenden Künstler schockiert: Oh Gott, passt das zusammen?

Und: Passt es zusammen?

Wir werden sehen. Es ist ein Experiment.

Welche Rolle spielen dabei die Besucher?

Die wichtigste! Sie sollen flanieren, sich Kunst ansehen und auch kaufen. Es gibt 2000 Quadratmeter Ausstellungsfläche, dazu jede Menge Musik und Programm. Den Gewinn spenden wir für die medizinische Versorgung von Illegalen.

Ihr Experiment findet in der ehemaligen Nervenheilanstalt Michaelis Krankenhaus statt. Hat die Kulturszene den Verstand verloren?

Zumindest tut ihr ein wenig Irritation gut. Die Möglichkeit, das Krankenhaus zu nutzen, kam spontan. Wir hatten nur sechs Wochen Planungszeit. Es gibt kein Thema, aber der Ort inspiriert und die Veranstaltung ist um das Krankenhaus herum gewachsen. Zum Beispiel wird es eine Arztroman-Lesung geben.

Dabei soll, angelehnt ans Web 2.0, Kultur 3.0 herauskommen.

Im Prinzip funktioniert der Kongress wie Youtube, nur eben dreidimensional. Wir stellen eine Plattform bereit. Es gibt kein Budget, keine Vorgaben und Freiwillige organisieren alles.Interview: Silke Ritter

Bis 30. 4. im Alten Michaelis Krankenhaus, Am Weiher 7. Programm unter www.helfershelfer.org