Stoff für ein reines Gewissen

MODE Zusammen mit jungen Designerinnen hat die Stadtmission ein eigenes Modelabel entwickelt: Water to Wine macht aus alter Kleidung neue Stücke

Nach der Verarbeitung soll man noch sehen können, was es vorher war, findet Luise Barsch. „Die Sachen haben ja eine Geschichte“, sagt sie. Die junge Designerin entwirft Modeaccessoires für die Berliner Stadtmission, genauer: für deren neues Modelabel Water to Wine.

200 Tonnen alter Kleidung spenden die Berliner der Stadtmission jedes Jahr, sagt Jost Berchner, Leiter der stadtmissionseigenen „Komm-Und-Sieh“ gemeinnützigen GmbH. In der Lehrter Straße werden die Sachen sortiert und für die einzelnen sozialen Projekte vorbereitet. Was für die Projekte nicht geeignet ist, wird in den „Komm-Und-Sieh“-Secondhand-Läden verkauft. Der Rest wird an die Deutsche Kleiderstiftung Spangenberg gegeben, die verschiedene soziale Projekte beliefert, wie Notkleiderspenden, Brot für die Welt und die Katastrophenhilfe. „Was könnte man sonst noch Gutes tun mit der Kleidung?“, fragte sich Berchner und kam auf die Idee: Warum nicht einfach aus alten Sachen neue machen?

Mehrwert aus Abfall

Das Verfahren heißt „Upcycling“. Dabei verwenden Designer alte Kleidung und Stoffe als Grundlage für neue Entwürfe. „Das Upcycling möchte Produkte mit Mehrwert schaffen, aus Materialien, die eigentlich Abfall sind. Das hat auch einen ökologischen Hintergrund“, erklärt Luise Barsch.

Im November 2012 fand Berchner an einer Fachhochschule für Modedesign die Studentin Sarah Schwesig, die demnächst den ersten Designerladen der Stadtmission führen wird, der wie das neue Label „Water to Wine“ heißen soll. Schwesig kam mit Barsch und deren Kollegin Arianna Nicoletti in Kontakt, die den ersten „Upcycling-Fashion Store“ in Berlin betreiben.

Barsch und Nicoletti haben mit der Stadtmission vereinbart, dass sie alte Kleider an die Designer verkauft. Nicoletti wirft seitdem in der Sortierstelle ein selektives Auge auf die Kleiderschatzkammer, um passende Stücke herauszufischen.

Genäht werden die Sachen von zwei Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, den Nordberliner Werkstätten (NBW) und der Faktura in Berlin.

„Alle Gelder, die der Laden einnimmt, fließen in die Stadtmission. Darum geht es ja“, erzählt Barsch. Jedes Stück ist ein Unikat. Jeder soll es sich leisten können und „mit relativ wenig Aufwand sein Gewissen reinhalten“ können. KATHARINA LÜBKE, EPD