Nebelfänger am Fuß der Anden

ERFINDUNG Feine Netze kondensieren Wasser aus den Wolken und füllen die Tanks peruanischer Bauern

Fast etwas unheimlich ragen sie aus dem Nebel. Schwarzes Kunststoffgewebe, jeweils zwischen zwei Bambusstangen gespannt – Nebelfänger. Sie sammeln ein, was in Lima Mangelware ist: Wasser. Die Hauptstadt Perus ist geografisch gesehen Wüste. Dass die zahlreichen Hügel der Stadt trotzdem ergrünen, liegt an den Wolken, die wegen zweier Meeresströmungen direkt vor der Steilküste aufsteigen und die Hügel in Nebel hüllen.

Wegen der hohen Luftfeuchtigkeit gibt es auf den sogenannten Lomas einzigartige Ökosysteme, für Ackerbau reicht es allerdings nicht. „Früher habe ich mehrmals im Monat kubikmeterweise Wasser den Berg hinauftragen“, erzählt Teresa. Sie ist Teil einer Kleinstbauernvereinigung, die auf den Lomas Gemüse und Aloe Vera anbauen. Alle 120 Mitglieder kommen aus einem Slum am Fuße der Hügel im Distrikt Vialla Maria de Triunfo.

Dort gibt es mittlerweile zwar Strom, aber noch kein Wasser. Wenn der Wasserlaster in die Siedlung kam, musste die über 60-Jährige neben den Tanks ihres Häuschens auch die auf den Feldern füllen. „Und dafür knöpfen sie uns auch noch das Zwanzigfache von dem ab, was die Reichen für ihr Leitungswasser zahlen!“ 1.500 Soles, etwa 400 Euro, kosten 1.100 Liter. Erhebliche Kosten, dazu sind die Lieferanten nicht gerade verlässlich.

Womit die Nebelfänger ins Spiel kommen. An deren feinen Maschen bleiben Wassertropfen aus den Wolken hängen und fließen in einen Tank. Die Vorräte füllen sich wie von selbst. Für wenig mehr als den Preis einer Tankfüllung kann die NGO „Peruaner ohne Wasser“ einen solchen Nebelfänger installieren, der etwa drei Liter Wasser pro Tag und Quadratmeter liefert. „Ein atrapanieblas hat 36 m[2], jetzt rechnen Sie mal, wir sparen eine Menge Geld. Kraft natürlich auch.“ Teresa strahlt. 20 Nebelfänger hat die NGO bereits aufgebaut, finanziert von USAID. Im August mussten deren Besitzer nur ein einziges mal Gießwasser zukaufen.

Um darauf künftig ganz verzichten zu können, haben Teresa und ihre Genossinnen bei USAID um einen weiteren Zuschuss gebeten. Sie wollen ganz unabhängig werden und ihre Produktion ausweiten. Mehr Gemüse, vielleicht auch Enten, alles bio. So weit Teresas Pläne. Am Konzept muss noch gefeilt werden, aber der Markt ist vorhanden. Besonders im schicken Stadtteil Miraflores sind Bioprodukte gerade in Mode.

Vorher kommt aber erst einmal der nebellose Sommer, und das bedeutet: Alle Netze wieder abbauen. Denn die Nebelfänger auf einer anderen Hügelkette wurden im vergangenen Jahr allesamt geklaut. FRANZISKA HAACK