Vom richtigen Umgang mit Gülle

TREIBHAUS Fleischproduktion ist klimaschädlich. Deshalb brauche man die Viehzucht aber nicht gleich abzuschaffen, meint die Weltagrarorganisation FAO. Allerdings müsse man die Methoden verbessern

BERLIN taz | Der Klimawandel wird den Anteil der Hungernden in der Welt bis 2050 um 20 Prozent erhöhen. Das zeigt ein neuer Bericht der Nichtregierungsorganisation Oxfam. Grund sind sinkende kleinere Einkommen, steigende Preise und ein geringerer Nährwert von Lebensmitteln. Umgekehrt trägt die Landwirtschaft zur globalen Erwärmung bei. Es gibt allerdings Auswege aus diesem Dilemma. Darauf weist die UN-Landwirtschaftsorganisation FAO hin: Vor allem in der Viehzucht ließe sich der Ausstoß von Treibhausgasen effektiv reduzieren.

Schon 2006 hatte Oxfam anhand einer Studie dargelegt, dass das Vieh selbst sowie die Produktion des Futters für 18 Prozent der weltweit durch menschliche Aktivitäten freigesetzten Treibhausgase verantwortlich ist. In der neuen Studie liegt der Anteil immer noch bei 14,5 Prozent. Da die Nachfrage nach Fleisch vor allem in den aufstrebenden Schwellenländern rapide ansteige, sieht FAO-Vizechef Ren Wang dringenden Handlungsbedarf.

Methangas, das Wiederkäuer wie Rinder, Schafe und Ziegen bei der Verdauung freisetzen, ist 23-mal so klimaschädlich wie CO2. Die Stickoxide, die aus Gülle und Mist entstehen, haben sogar eine 296-mal stärkere Wirkung. Deshalb sind auch Schweine und Geflügel keineswegs harmlos für das Klima. Hinzu kommt das Tierfutter, das allein 45 Prozent der Treibhausgasemissionen in der Viehwirtschaft ausmacht.

Und noch mehr Faktoren schlagen sich negativ in der Klimabilanz dieses Wirtschaftszweigs nieder: die Rodung von Urwäldern und das Trockenlegen von Mooren, um Weideland zu gewinnen oder Futterpflanzen anzubauen, der Energieaufwand für Landwirtschaftsmaschinen, die Produktion von Dünger sowie der oft interkontinentale Transport des Futters wie auch des Fleischs.

Die Autoren der Untersuchung wollen in allen Bereichen ansetzen und schlagen drei Maßnahmen vor: Energiesparen, besseres Landmanagement – Grünland etwa kann viel Kohlenstoff speichern – und ein besseres Management der tierischen Verdauungsprodukte. So lässt sich schon durch die richtige Fütterung die Entstehung von Methan in den Kuhmägen positiv beeinflussen. Das reicht von der Aussaat besser verdaulicher Gräser auf den Weiden bis zu Zusatzstoffen wie pflanzlichen Fetten. Auch die Gesundheit der Tiere spielt eine Rolle. Mist und Gülle wiederum werden unter anderem durch ausreichende Sauerstoffzufuhr und kürzere Lagerzeiten weniger schädlich und lassen sich überdies für die Biogasproduktion nutzen.

Die gute Nachricht der FAO: Sowohl bei der Fleisch- als auch der Futterproduktion schlummern noch große Einsparpotenziale. Eine Reduzierung der Treibhausgasemission um 30 Prozent sei problemlos möglich. So könnten in der Schweinezucht in Ost- und Südasien allein durch gute Gülleverwertung und Energiesparmaßnahmen bis zu ein Viertel weniger Methan und CO2 anfallen. Gleiches gilt für die Rinderzucht in Südamerika, wenn andere Rassen und Futterverpflanzen gewählt werden und mehr in die Gesundheit der Tiere investiert wird.

Gerade in Entwicklungsländern sei die Viehhaltung bislang oft wenig produktiv, meint die FAO. Das heißt, es müssen viele Kühe gehalten werden, die alle reichlich Treibhausgase rülpsen, um vergleichsweise wenig Milch und Fleisch herzugeben. Insgesamt gelte: Je effektiver die Produktion, desto geringer die Klimabelastung. Allen Problemen der Massentierhaltung zum Trotz kann ihr daher die FAO mit Verweis aufs Klima immer noch viel abgewinnen. Einen politischen Richtungswechsel zu mehr Biolandwirtschaft und zur Verminderung des Fleischkonsums einzuleiten sieht sie nicht als ihre Aufgabe an. NICOLA LIEBERT