Hungerstreik nach Gerichtsurteil beendet

Oberstes indisches Gericht droht Baustopp für Staudamm an, wenn umgesiedelte Bauern nicht entschädigt werden

BERLIN taz ■ Die indische Umweltaktivistin Medha Patkhar und zwei Mitstreiter haben am Montagabend ihren seit 20 Tagen andauernden Hungerstreik beendet. Zuvor hatte Indiens Oberstes Gericht zwar nicht den von Patkar und 48 klagenden Familien verlangten sofortigen Stopp der Erhöhung des Damms am Fluss Narmada um weitere elf Meter verhängt. Doch damit drohten die Richter, falls sich die vier beteiligten Landesregierungen den von baldiger Flutung betroffenen Bauern nicht bald angemessenes Ersatzland zur Verfügung stellen.

Das Gericht „hat keine andere Möglichkeit, als den Bau des Damms zu stoppen, wenn sich nicht angemessen um die Hilfsmaßnahmen für die Dorfbevölkerung gekümmert wird,“ heißt es im Urteil der drei Richter. Sie wollen sich am 1. Mai erneut mit dem Fall befassen.

Laut der von Patkar geführten Bewegung Narmada Bachao Andolan (NBA – Rettet den Narmada) droht durch die Dammerhöhung weiteren 35.000 Familien die Vertreibung. Die bisherigen Gerichtsauflagen sehen vor, dass den Bauern vor der Flutung Ersatzland gegeben werden muss. Dies steht aber laut NBA nicht zur Verfügung, weshalb die Bauern gezwungen würden, Entschädigungszahlungen anzunehmen. Diese lägen weiter unter dem Marktpreis. Wie eine Delegation von drei Ministern der Unionsregierung in Delhi kürzlich herausfand, würden Entschädigungszahlungen zudem nur gegen eine illegale zehnprozentige Gebühr gezahlt.

Der inzwischen von der indischen Tageszeitung The Hindu veröffentlichte Untersuchungsbericht der Minister bestätigt die Vorwürfe der NBA und stellt insbesondere der Landesregierung von Madhya Pradesh ein vernichtendes Zeugnis aus. So heißt es, die für die Bewilligung der Dammerhöhung vorgelegten Unterlagen „haben keinen Bezug zur Situation vor Ort“.

Patkar verließ noch gestern das Krankenhaus in Delhi, in das sie von der Polizei gewaltsam gebracht worden war. Nahe der zentral gelegenen historischen Jantar-Mantar-Sternwarte, wo sie ihren Hungerstreik am 29. März begonnen hatte, warteten mehrere hundert Anhänger auf sie. Auch der Ministerpräsident des Bundesstaates Gujarat, Narendra Modi, beendete gestern in Ahmedabad nach 30 Stunden seinen „Gegenhungerstreik“, der ursprünglich 51 Stunden dauern sollte. Modi, dessen Bundesstaat durch den Damm bewässert werden soll, zeigte sich erleichtert, dass der Bau ungehindert weitergeht. SVEN HANSEN