Salomonen: Australien greift ein

Tausende Demonstranten werfen Premierminister Snyder Rini Wahlbetrug vor und fordern dessen Rücktritt. Australien schickt Soldaten und Polizisten in den Nachbarstaat

CANBERRA taz ■ Die Ausschreitungen in der salomonischen Hauptstadt Honiara werden seit Dienstag zunehmend gewalttätiger. Berichten zufolge wurden gestern mehrere Geschäfte chinesischstämmiger Besitzer geplündert. Auch mehrere Autos wurden in Brand gesteckt. Die Unruhen waren nach den jüngst abgeschlossenen Parlamentswahlen ausgebrochen. Kritiker werfen dem neu gewählten und am Dienstag vereidigten Premierminister Snyder Rini Wahlbetrug vor. Zudem werde er von der chinesischen Minderheit finanziell unterstützt.

Etwa 2.000 Demonstranten forderten den Ministerpräsidenten ultimativ zum Rücktritt auf. Sollte er ihrer Forderung nicht folgen, werde die gesamte Hauptstadt zerstört. Kurz nach Beginn der Proteste hatte Premierminister Rini die australische Regierung um Unterstützung im Kampf gegen die Demonstranten gebeten. Bei den Ausschreitungen waren am Dienstag auch mehrere australische Polizeibeamte verletzt worden, die seit 2003 auf den Salomonen stationiert sind. Der australische Premierminister John Howard erklärte gestern, weitere weitere 110 Soldaten und 66 Beamte der australischen Bundespolizei seien unterwegs nach Honiara. Australien dulde nicht, dass „der Demokratisierungsprozess auf den Salomoneninseln unterminiert“ werde.

Die Salomonen leiden seit Jahren unter ethnischen Konflikten und endemischer Korruption. Im Jahr 2003 drohten Auseinandersetzungen zwischen den Bewohnern der Guadalcanal-Insel und der Nachbarinsel Malaita zu einem Bürgerkrieg zu eskalieren. Das Land war in der Hand von Milizenführern, die verschiedene Regionen der Inselgruppe mit größter Brutalität unterdrückten. Der von der damaligen Regierung erbetene Einsatz einer Befriedungstruppe unter der Leitung Australiens führte dazu, dass in den letzten drei Jahren wieder Normalität in den Alltag der 450.000 Bewohner des Inselstaates einkehrte. In dieser Zeit waren Beamte aus Australien, Neuseeland und anderen pazifischen Staaten mit dem Wiederaufbau von Recht und Ordnung sowie der Verwaltung auf den 1.000 Inseln der Salomonen-Gruppe beschäftigt.

Beobachter werteten den Salomonen-Einsatz als erstes Beispiel einer neuen Außenpolitik Australiens. War die Region bis vor kurzem noch von geringem Interesse für Canberra, haben die Terroranschläge auf Bali und in Jakarta die Befürchtung wachsen lassen, Terroristen könnten auch politisch unstabile Pazifikländer als Stützpunkte für Angriffe gegen Australien benutzen. Canberra spricht von so genannten „gescheiterten Staaten“, die sich zu „Basislagern“ von Bombenlegern und Geldwäschern entwickeln könnten.

Analysten sehen es als wahrscheinlich an, dass in Zukunft weitere Länder in der Pazifikregion Ziel australischer Intervention werden. Papua-Neuguinea etwa, der direkte Nachbar Australiens im Norden, wurde von Canberra schon mehrfach angewiesen, Korruption und Missmanagement in der Verwaltung effektiver zu bekämpfen. Sonst seien die jährlichen substanziellen Hilfezahlungen aus Australien gefährdet. URS WÄLTERLIN