Hatoyamas selbst gestellte Frist läuft ab

JAPAN Der Regierungschef ist wegen der Verlegung einer US-Militärbasis zwischen alle Fronten geraten

AUS TOKIO MARTIN FRITZ

In Okinawa haben am Sonntag 90.000 Menschen gegen eine US-Militärbasis demonstriert und damit Spekulationen über einen Rücktritt von Japans Regierungschef Yukio Hatoyama angeheizt. Der 63-Jährige steckt in einer selbst gebauten Zwickmühle: Weil er gegenüber seinem Sicherheitspartner USA Unabhängigkeitsgeist zeigen und Okinawa für seine Demokratische Partei gewinnen wollte, öffnete er eine Büchse der Pandora, die Japan und die USA 2006 nur mühsam schließen konnten.

Die Helikopterbasis Futenma mitten in Wohngebieten der Stadt Ginowan solle nicht wie vereinbart innerhalb der Insel umziehen, forderte Hatoyama, sondern ganz verschwinden. Bis Ende Mai werde er eine Lösung finden, die das südliche Okinawa stärker von den US-Truppen entlastet, versprach er immer wieder. Seit 1995, als dort US-Soldaten ein 12-jähriges Mädchen vergewaltigten, glüht dieses politisch heiße Eisen. Okinawa dient dem US-Militär seit dem Weltkrieg als Vorposten im Pazifik. Dort ist die Hälfte der 47.000 US-Soldaten in Japan stationiert. 2006 konnten sich Tokio und Washington schließlich auf den Abzug von 8.000 Marines nach Guam und die Verlegung Futenmas auf die abgelegene US-Basis Henoko einigen. Doch die dortigen Anwohner lehnen das ab.

Vor zwei Wochen versicherte Hatoyama auch US-Präsident Barack Obama, die selbst gestellte Frist einzuhalten. Laut Medien fragte Obama zurück: „Können Sie diese Lösung auch durchsetzen?“ Genau das scheint unmöglich. Als Hatoyama vorletzte Woche die Insel Tokunoshima als Alternativstandort ins Visier nahm, wollten dortige Bürgermeister seinen Gesandten nicht einmal empfangen. 15.000 Einwohner demonstrierten.

Die USA nutzen Hatoyamas Schwäche aus, um den Japanern zu zeigen, wer der Boss im Bündnis ist. Bis Ende Mai wollen sie nicht einmal ein Arbeitsgespräch führen, das Hatoyama helfen würde, sein Gesicht zu wahren. Man werde nur über einen neuen Plan verhandeln, den die Bevölkerung Okinawas akzeptiert habe. Im Übrigen sei die Abmachung von 2006 die beste Lösung. Auch bei Japans Regierung wächst inzwischen diese Einsicht. Nur die neue Start- und Landepiste in Henoko, die ins Meer gebaut werden soll, soll umweltfreundlicher werden. Doch Hatoyama bleibt stur. Der Vertrag von 2006 werde nicht akzeptiert, beharrte er. Im Parlament räumte er ein, dass er die Verantwortung für eine Lösung trage – und deutete so erstmals seine Rücktrittsbereitschaft an.