Politik nähert sich der Verständlichkeit an

BARRIEREFREIHEIT Im Frühjahr 2012 hat das Parlament beschlossen, Bürgerschaftsanträge in leichte Sprache zu übersetzen – bisher hat der Landtag die Initiative nicht umgesetzt. Die Grünen machen es jetzt allein

■ Alle sollen das Geschriebene verstehen können. Leichte Sprache soll dabei helfen. Das Bremer Büro für Leichte Sprache hat mit anderen das Netzwerk Leichte Sprache gegründet. Das Netzwerk hat die Regeln für Leichte Sprache aufgeschrieben.

■ Benutzen Sie einfache, möglichst kurze und konkrete Wörter!

■ Benutzen Sie bekannte Wörter!

Verzichten Sie auf Fremd-Wörter und Fach-Wörter!

■ Erklären Sie notwendige Fremd-Wörter und Fach-Wörter!

■ Gliedern Sie lange Wörter mit Bindestrichen!

■ Benutzen Sie möglichst oft Verben, also Tu-Wörter!

■ Schreiben Sie kurze Sätze!

■ Jeder Satz soll nur eine Aussage machen.

Die Grünen haben als erste Fraktion Bürgerschaftsanträge in leichter Sprache auf ihrer Internetseite veröffentlicht. Sie kommen damit dem Landtag zuvor: Im April 2012 hat das Parlament einer CDU-Initiative zugestimmt, Bürgerschaftsanträge auch in leichter Sprache zu veröffentlichen.

„Wir wollen mit gutem Beispiel vorangehen“, sagte gestern der behindertenpolitische Sprecher der Grünen, Dirk Schmidtmann. Die Aktion sei ein Appell an Behörden, Banken, Versicherungen und Medien. Informationen müssten für Menschen mit Entwicklungsrückständen, Lernschwächen und auch geringen Deutschkenntnissen gleichermaßen zugänglich sein. Schmidtmann würde es begrüßen, wenn auch die Bürgerschaft den Parlamentsbeschluss nun endlich umsetzen würde.

Die Aktion der Grünen konkurriere nicht damit: „Wir werden Anträge nicht doppelt publizieren“, betonte er. Auch könne man monatlich höchstens zwei von durchschnittlich rund fünf eigenen Anträgen hochladen. Für mehr sei einfach kein Geld da, so Schmidtmann. Eine Übersetzung durch das Büro für Leichte Sprache der Lebenshilfe Bremen e.V. koste rund 100 Euro, je nach dem wie lang der Text sei.

Das Thema Leichte Sprache stand zuletzt am 22. Juni auf der Tagesordnung des Verfassungs- und Geschäftsführungsausschusses, der wiederum den Behindertenbeauftragte des Landes Bremen, Joachim Steinbrück mit dem Job betraute: Bis zur nächsten Sitzung am 5. November soll er ein Expertengremium zusammen stellen. Das soll entscheiden, welche Anträge übersetzt werden, sagte gestern sein Stellvertreter, Kai Steuck.

Die sozialpolitische Sprecherin der CDU, Sigrid Grönert kritisierte, dass die Bürgerschaft das Thema „auf die lange Bank schiebt“. Dennoch wolle ihre Fraktion keine eigenen Publikationen in Auftrag geben, um die Aufgabe dem Landtag nicht abzunehmen.

Auch Kristina Vogt (Linke) erklärte, dass ihre Fraktion keine eigene Publikationen plant, da sie die gar nicht finanzieren kann. Sie appelliert an die Abgeordneten, bei allen Schriften und Reden verständlicher zu formulieren. Die SPD schloss eine eigene Initiative gestern nicht aus.  JURIK ISER