„Wir wollen keine Wohltaten“

HUNGERSTREIK Der äthiopische Flüchtling Brook Biru verweigert seit Mittwoch jegliche Nahrung

■ 24, stammt aus Äthiopien und kam vor eineinhalb Jahren nach Deutschland. Er war bei den Protesten in Berlin vor einem Jahr und im Juni in München dabei.

taz: Herr Biru, seit Mittwoch haben Sie nichts mehr gegessen, es regnet. Wie geht es Ihnen?

Brook Biru: Ich bin ein bisschen schwach und weiß, dass das in den nächsten Tagen noch schlimmer wird. Aber es geht mir so weit gut. Vergangenes Jahr war ich auch am Brandenburger Tor dabei – aber weil ich krank war, habe ich nicht am Hungerstreik teilgenommen. In München habe ich im Juni acht Tage lang nichts gegessen. Diese Erfahrung hat mich stark gemacht.

Warum sind Sie geflüchtet?

In meiner Heimat Äthiopien habe ich mich in der Oppositionspartei engagiert. Seit mehr als 20 Jahren ist dieselbe Regierung an der Macht. Wenigen Leuten geht es sehr gut, der Masse sehr schlecht. Ich habe politische Arbeit gemacht und versucht, die Leute zu informieren. Dafür saß ich ein Jahr lang im Gefängnis. Man verlangte von mir, dass ich meine Freunde verrate. Dann habe ich mich auf den Weg nach Berlin gemacht.

Es ist der dritte Hungerstreik von Flüchtlingen in Deutschland seit einem Jahr. Was ist diesmal anders?

Wir sind besser vorbereitet. Auf dem Rindermarkt in München wurde uns immer wieder Essen angeboten, manche wollten den Hungerstreik beenden, das hat den Zusammenhalt innerhalb der Gruppe schwierig gemacht. Dieses Mal können wir auf unserer Erfahrung aufbauen. Wir sprechen viel miteinander und sind stark. Schwieriger ist, dass wir keine Zelte haben und einfach auf dem Boden schlafen.

Nach dem Hungerstreik in München hat sich nicht viel getan. Ist Ihr Protest sinnvoll?

Einige Demonstranten haben nach der Aktion in München Asyl bekommen. Wir sind guter Hoffnung, dass unser Protest etwas bringt. Wir greifen zu solch einem drastischen Mittel, weil wir zeigen wollen, wie schlimm die Lagerbedingungen sind, damit wir so etwas auf uns nehmen.

Was muss passieren, damit Sie nicht, wie angekündigt, aufhören, Wasser zu trinken?

Ich will keine Wohltaten. Ich will selbstständig und für mich verantwortlich sein. Das heißt: wohnen, arbeiten, Steuern zahlen. Dass unseren Asylanträgen stattgegeben wird, ist ein erster Schritt dazu. INTERVIEW: ANNA KUSSEROW