Mit der Portugiesin beim Portugiesen

QUALITÄT Bisher hielt Florinda Rodriguez wenig vom Essen in Deutschland. Aber in Edingen-Neckarhausen schmeckt die Creme Queimada sogar besser als bei der Schwiegermutter zu Hause

VON KIRSTEN KÜPPERS

Das Essen in Deutschland war für die 38-jährige Portugiesin Florinda Rodriguez bislang eine Enttäuschung: Die Kartoffeln schmecken nicht wie die Kartoffeln in Portugal. Überhaupt gibt es in den Supermärkten zu wenig Gemüsesorten. Und auch die deutschen Fleisch- und Fischtheken können mit den portugiesischen nicht mithalten, findet Florinda Rodriguez. Einmal hat sie in einem Laden einen Schinken aus pata negra gefunden, aus dem typischen iberischen Schweinefleisch also. Aber 100 Gramm von diesem Schinken haben 14 Euro gekostet. „14 Euro!“, ruft Florinda Rodriguez und wirft die Arme in die Luft vor Entsetzen – diesen Preis fand sie doch reichlich übertrieben.

Rodriguez arbeitet als Zimmermädchen in Heidelberg, einmal hat ihre Schwester das einzige portugiesische Gasthaus dort besucht. Das Brathähnchen schmeckte alt und trocken. Kurze Zeit später hat das Lokal dichtgemacht. Florinda Rodriguez hat an ihre Mutter gedacht.

Als Kind in Portugal hatte ihr die Mutter immer erzählt, wie arm die Leute früher gewesen seien. Drei Leute hätten sich eine Sardine geteilt! „Das muss man sich mal vorstellen: drei Leute!“, sagt Florinda Rodriguez. Sie nahm sich vor, die Sache mit dem Essen in Deutschland nicht so wichtig zu nehmen. Ihr Mann, ebenfalls Portugiese, kellnert in einem italienischen Restaurant. Sie kochen zu Hause jetzt oft italienisch.

Aber Florinda Rodriguez hat nicht mit der badischen Provinz gerechnet. Denn in dem kleinen Straßendorf Edingen-Neckarhausen, nur eine knappe halbe Autostunde von Heidelberg entfernt, steht das „Quinta da Luz“. Der Wirt kommt aus dem Alentejo, er hat eine alte Dorfturnhalle zu einem portugiesischen Restaurant umgebaut, er selbst trägt den schönen Namen Jorge Manuel da Luz Bernardino, bei einem solchen Namen keimt natürlich Hoffnung auf.

Und tatsächlich: Im Gastraum hängen weiß-blaue Kacheln an der Wand, im Kamin brennt ein Holzfeuer. „Wie bei meiner Schwiegermutter!“, ruft Florinda Rodriguez. Sogar Stockfisch-Krapfen gibt es als Vorspeise.

Rodriguez bestellt trotzdem lieber „Plumas de porco preto con amêíjas à alentejana“, was übersetzt „Schulterstück vom schwarzen Schwein mit Venusmuscheln“ heißt. Fleisch und Meeresfrüchte zu mischen, ist ja eine beliebte portugiesische Gepflogenheit. Auch den Koriander hat der Koch nicht vergessen. „Koriander ist köstlich! Wir verwenden das praktisch überall“, erklärt Rodriguez. „Und die Kartoffeln schmecken wie portugiesische Kartoffeln!“ Selbst die Nachspeise „Creme Queimada“, eine karamellisierte Milchcreme, hätte ihre Schwiegermutter nicht besser hinbekommen. Dazu fallen die Portionen groß aus wie in einem portugiesischen Bauarbeitergasthof. Satt und glücklich fasst Rodriguez zusammen: „Noch hervorragender als in Portugal. Alle Speisen in so guter Qualität – das gibt es dort nicht.“ Sie hebt ihr Glas.

Allerdings ist das „Quinta da Luz“ nicht ganz billig. Ein Hauptgericht kostet um die 20 Euro. Für eine Flasche vom Vinho Verde „Casal Garcia“ verlangt der Wirt 21 Euro. „Der steht auch hier im Supermarkt“, flüstert Florinda Rodriguez verstohlen gegen die Wand. „Da kostet er aber nur 5,50 Euro.“