Zahl der Einflüsterer in den Bundesministerien sinkt

LOBBYISMUS 39 externe Interessenvertreter beraten in vier Ministerien. LobbyControl dennoch kritisch

„Begrüßenswert, dass die Zahl externer Mitarbeiter sinkt“

ULRICH MÜLLER, LOBBYCONTROL

BERLIN taz | Die Anzahl der externen Mitarbeiter in den Bundesministerien ist nach Informationen der taz auf den niedrigsten Stand seit Beginn ihrer Zählung 2008 gesunken. Im ersten Halbjahr 2013 waren nur noch 39 Externe in vier Ministerien tätig, wie aus einem unveröffentlichten Bericht des Innenministeriums an zwei Bundestagsausschüsse hervorgeht. Im zweiten Halbjahr 2012 waren es noch 48 Mitarbeiter. „Es ist begrüßenswert, dass die Zahl externer Mitarbeiter weiter sinkt“, sagt Ulrich Müller, Vorstand der Anti-Lobbyismus-Initiative LobbyControl.

Die externen Mitarbeiter beraten als Experten im Wirtschaftsministerium zum Thema deutsche Außenwirtschaftsförderung oder unterstützen das Gesundheitsministerium dabei, den Begriff der Pflegebedürftigkeit zu bestimmen. Obwohl sie keine gewählten Volksvertreter sind, nehmen sie in den Ministerien teils wichtige, beratende Funktionen wahr. Und sprechen dabei nicht selten im Interesse von Wirtschaft und Industrie. Mitunter sind Externe auch bei Lobbyistenverbänden wie dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) angestellt.

Im Gesundheitsministerium arbeitete 2011 sogar ein Mitarbeiter des Verbands der Ersatzkassen (vdek) am Entwurf des Versorgungsgesetzes mit. Dabei ist laut der einschlägigen Verwaltungsvorschrift der Einsatz externen Personals bei der Formulierung von Gesetzesentwürfen und anderen Rechtsetzungsakten „grundsätzlich nicht zulässig“.

Im aktuellen „elften Bericht über den Einsatz externer Personen in der Bundesverwaltung“ taucht auch ein BDI-Mitarbeiter auf, der sich im Auswärtigen Amt von Oktober 2011 bis Ende September 2013 um die „Organisation von Projekten der Außenwirtschaftsförderung und der strukturellen Verbesserung der Zusammenarbeit mit Wirtschaftsverbänden“ kümmerte.

Nach Ansicht von LobbyControl verstößt die Beschäftigung des BDI-Manns gegen eine Verwaltungsvorschrift zum Einsatz externer Mitarbeiter. Die schreibt nämlich unter anderem vor, dass der Einsatz externer Personen aus Institutionen, zu denen eine Bundesbehörde in den letzten zwei Jahren Geschäftsbeziehungen unterhalten hatte, nicht zulässig ist. „Die neue Regierung sollte sicherstellen, dass nach Auslaufen des Vertrags kein neuer derartiger Austausch vollzogen wird“, fordert Müller.

Laut dem aktuellen Lobbyistenbericht, der der taz vorliegt, rekrutierte zuletzt nur noch das Bildungsministerium neue Externe. Die Mehrheit der neuen Externen wird dabei länger eingesetzt, als in einer Verwaltungsvorschrift grundsätzlich vorgesehen ist. Das Innenministerium selbst schreibt in seinem Bericht, dass „die Dauer des Einsatzes im Regelfall sechs Monate nicht überschreiten“ soll.

Die wohlfeile Absicht dahinter ist klar: die Dauer, mit der externe Interessenvertreter Einfluss auf die Politik ausüben können, zu begrenzen. Doch das Bildungsministerium hält sich nur bei einer Minderheit der Fälle an diese Vorgabe. Durch die Dauer von Projekten müssten Externe auch mal länger als sechs Monate eingesetzt werden, sagte ein Ministeriumssprecher der taz. Das Fachwissen des externen Personals sei eben einfach eine notwendige Unterstützung der Ministeriumsarbeit. ANDREAS MAISCH