LIEBESERKLÄRUNG
: Vielleicht

DAS LANDRATSAMT MÜNCHEN HAT MARLBORO SEINE „MAYBE“-KAMPAGNE VERBOTEN. DOCH DAS WÖRTCHEN WIRD GEBRAUCHT

Don’t be a Maybe – be a Marlboro“, lautet die vom Landratsamt München verbotene Werbung des Zigarettenherstellers. „Sei kein Vielleicht“ suggeriert die Stärke und Entschlossenheit des Rauchers, die er ja auch braucht: im Kampf gegen den Lungenkrebs oder zum Aufhören.

Das Vielleicht als Nomen ist ein Zauderer und „Verbrauchte-TAN-Nummern-Abstreicher“. „Maybe never wrote a song“, „Maybe goes nowhere“ lauten die Einzelbotschaften, die das Vielleicht als Schwächling diffamieren. „Maybe you should go fuck yourself“ lautet eine selbstentworfene Antwort der Kampagnenkritiker.

Denn das Vielleicht ist gut. Es ist unter den Adverbien, was das Schweizer Offiziersmesser unter den Werkzeugen ist: ein Vielzweckgerät, das bei aller Mangelhaftigkeit doch so viel rührend guten Willen verströmt – man kann ihm gar nicht böse sein. Alle sollen sich wohl fühlen: Dafür kehrt Mutter Vielleicht die Scherben ihrer zerbrochenen Ehe mit Vater Ja unter den Teppich. Sie wischt sich die Tränen ab, lächelt schief und deckt die verwüstete Kaffeetafel neu ein.

Öfter mal „vielleicht“ sagen würde nicht nur unglückliche Ehen verhindern, sondern auch manchen Krieg. Und da dies eine Liebeserklärung ist, darf die Rolle des Vielleicht in der Liebe nicht fehlen. Das Vielleicht sitzt beim Date als Anstandsdame mit am Tisch. Vielleicht hat immer Recht. Wie Vielleicht entscheidet, so ist es gut, vielleicht. Vielleicht sollte man diesmal wirklich besser heimgehen und sich selber ficken – damit hätte Marlboro, mit seinen Kritikern hübsch über Bande gespielt, sogar einmal ins Loch getroffen. ULI HANNEMANN